Im Innenraum des Krematoriums können sich die Trauernden während der Zeit der Einäscherung ihres Tieres aufhalten – und sollen sich dort aufgehobenfühlen. Foto: Dank und treu

Sandra und Jochen Lutz sind Bestatter. Nun bauen sie in Schwäbisch Hall das erste Tierkrematorium Deutschlands, in dem auch Pferde eingeäschert werden.

Schwäbisch Hall - Wird Familie Lutz im Urlaub gefragt, womit sie ihr Geld verdient, heißt es meist: „Wir arbeiten in der Bestattungsbranche.“ Bestattung, das klingt für die meisten neutraler als der Begriff Krematorium, und doch trifft es ins Schwarze: Sandra und Jochen Lutz betreiben am Waldfriedhof in Schwäbisch Hall ein privates Humankrematorium. Nebenan bauen sie derzeit ein Tierkrematorium, in dem auch Pferde und Ponys eingeäschert werden können.

Das ist jetzt möglich, weil im Juli 2016 hat der Bundesrat das „Gesetz zur Änderung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes“ verabschiedet hat, seit Februar ist es in Kraft. Zuvor blieben, wenn ein so großes Tier starb oder getötet werden musste, nur zwei Wege: erstens der als Schlachtpferd zur Lebensmittelgewinnung (was nach einer medikamentösen Behandlung problematisch sein kann) und zweitens der Transport des Kadavers in die Tierkörperbeseitigungsanstalt (wo er zu Fleischknochenmehl und Tierfett verarbeitet wird). Kein schöner Gedanke für Tierfreunde, denen der Vierbeiner weniger Nutztier als Gefährte ist. Immerhin beträgt die Lebenserwartung eines Pferdes 25 bis 30 Jahre.

Rasch auf Gesetzesänderung reagiert

Der dritte Weg führte bisher in das Ausland. In Holland und der Schweiz dürfen Pferde und Ponys nämlich schon länger legal eingeäschert werden. Laut dem Stuttgarter Regierungspräsidium sind tote Pferde in der Vergangenheit mitunter in die beiden Länder zur Kremierung gebracht worden. Die EU-Verordnung lässt aber „lediglich eine Verbringung von toten Heimtieren in der Grenzregion eines Mitgliedstaates zu“, sprich ins holländische Grenzgebiet. Ein halb legaler Tourismus also.

Das Ehepaar Lutz jedenfalls hat die Gunst der Stunde genutzt und unmittelbar auf die Gesetzesänderung reagiert – offenbar als Erste. Die „Anlage hoher Kapazität“, wie es im Behördendeutsch heißt, ist vom Landratsamt Schwäbisch Hall genehmigt worden, auch das Regierungspräsidium wurde gehört. Nun wächst das Krematorium am Haller Waldfriedhof in die Höhe. 2,4 Millionen Euro investieren Sandra und Jochen Lutz in ihr neues Unternehmen, Eröffnung soll Ende Herbst sein. Trotz der Gesetzesänderung sei der bürokratische Aufwand groß gewesen, sagt Sandra Lutz, die uns in ihrem kleinen Café des Humankrematoriums empfängt. Das Emissionsschutzgesetz verlangt etwa eine moderne Filteranlage, in die beide Einäscherungskammern – die für kleine und die für große Tiere – münden. Lutz versichert: „Für die Umwelt ist alles getan, was man tun kann.“

Eine Lounge für Trauernde

Alles tun, was man tun kann: Das versprechen die Betreiber auch den Tierbesitzern. „Dank und treu“ heißt die Firma, die Webseite ist einfühlsam gestaltet, das Gebäude hat ein Hotelarchitekt entworfen. „Er spricht beim Aufenthaltsraum immer von Lounge“, sagt die Geschäftsfrau, „und so arg verschieden ist es ja auch nicht.“ In dieser schweren Stunde müsse sich der Mensch wohlfühlen – auf Wunsch im Familienkreis und mit Musikbegleitung. Das Gebäude füge sich dank der Verkleidung mit Holzpaneelen gut in die ländliche Umgebung am Waldesrand ein: „Hier können die Besitzer während der Einäscherung spazieren gehen.“ Immerhin, fügt sie hinzu, daure das Kremieren eines Pferdes rund sechs Stunden.

Auch die Logistik übernimmt „Dank und treu“, der Kadaver eines Pferdes lässt sich schließlich nicht im Kofferraum befördern. Die Betreiber haben einen Spezialanhänger bauen lassen, das tote Pferd wird auf eine Platte geschoben, eingeladen und ins Krematorium gebracht. Dort wird der Körper bis zur Einäscherung im Kühlraum aufbewahrt – „würde- und pietätvoll“, versichert Lutz. Der Service hat seinen Preis: Ein Pferd zwischen 300 und 500 Kilogramm kostet rund 2400 Euro – plus Überführung, die nach Kilometern berechnet wird; rund 260 Euro zahlt man bei einem mittelgroßen Hund (Gemeinschaftseinäscherung rund 100 Euro weniger).

Was nicht geht

Die Asche eines Pferdes, warnt Lutz, sei nichts für den Kaminsims: Rund 30 Kilogramm davon bleiben am Ende übrig. Besitzer können die Urne daher auch auf dem Gelände von „Dank und treu“ beisetzen lassen. Einen Wunsch kann die Firma bisher nicht erfüllen: „Viele Menschen wollen in einem Grab mit ihrem Tier bestattet werden“, sagt Sandra Lutz, „das ist deutschlandweit kaum erlaubt.“ Darüber sei man mit der Stadt jedoch bereits im Gespräch.

Wenn das Tier stirbt

Haustiere
Stirbt der tierische Hausgenosse, haben die meisten Menschen auch ein praktisches Problem: Wohin mit dem Kadaver? Der günstigste legale Weg ist die kommunale Tierkörperbeseitigung. Man kann das Tier entweder hinbringen oder es gegen eine Gebühr abholen lassen.

Grab
Wer ein Grundstück besitzt, darf seinen Hamster oder seine Katze dort begraben. Bei größeren Tieren wie Hunden ist ein formloser Antrag auf Hausbestattung beim zuständigen Veterinäramt zu stellen, es gibt keine bundeseinheitliche Regelung. Liegt keine meldepflichtige Tierkrankheit vor, ist die Bestattung im eigenen Garten möglich. Das Grundstück darf aber nicht in einem Wasserschutzgebiet liegen, das Grab muss mindestens einen halben Meter tief sein. Eine Bestattung im Wald ist eine Ordnungswidrigkeit. Das gilt auch für die Entsorgung im Hausmüll oder der Biotonne.

Einäschern
In Deutschland gibt es zahlreiche Klein-)Tierkrematorien. Im Unterschied zur menschlichen muss die tierische Asche nicht bestattet werden, Tierfreunde dürfen die Urne mit nach Hause nehmen. In vielen Städten existieren zudem Friedhöfe für Tiere. Im Internet findet sich unter www.partner-hund.de eine Liste mit entsprechenden Adressen „Krematorium“). Informationen über das Krematorium in Schwäbisch Hall: www.dankundtreu.de