Fabian ist ein aufgewecktes, freundliches und fröhliches Kind – Eigenschaften, die typisch sind für Kinder mit Down-Syndrom.Lena und ihr Bruder sind ein eingeschworenes Team und haben viel Spaß zusammen. Foto: KS-Images.de

Cornelia und Timo Kübler haben einen Sohn mit Down-Syndrom. Die beiden appellieren an künftige Eltern, nicht immer an Abtreibung zu denken, auch wenn feststeht, dass ihr ungeborenes Kind Trisomie 21 hat.

Marbach-Rielingshausen – Am 21. März ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Der Tag soll helfen, das öffentliche Bewusstsein für die Thematik „Leben mit Down-Syndrom“ zu steigern. Bei Kindern mit Trisomie 21 ist das Chromosom 21 in jeder Körperzelle dreimal anstatt zweimal vorhanden, sodass die Gesamtzahl der Chromosomen bei 47 anstatt 46 liegt. Ein kleiner Erbgut-Fehler, der sich ein Leben lang auswirkt. Auch bei Fabian, der im Juni 2016 mit der Diagnose geboren wurde. Der dreijährige Junge ist auffallend freundlich und aufgeschlossen für Neues. „Eigenschaften, die typisch für Kinder mit Down-Syndrom sind“, sagt seine Mutter Cornelia Kübler. Die in Rielingshausen wohnende Familie ist inzwischen wieder glücklich.

Weil die Mutter älter als 35 Jahre war, als sie mit ihrem ersten Kind, der heute fünfjährigen Lena, schwanger war, galt Cornelia Kübler als Risikoschwangere. Ihr wurde nahegelegt, eine feindiagnostische Untersuchung vornehmen zu lassen. Doch bei Lena war alles in Ordnung. Nicht so bei ihrem späteren Bruder Fabian. Da gab es schon früh Anzeichen von Ungereimtheiten. Und die ließen möglicherweise den Schluss zu, dass Fabian ein Kind mit fehlerhaften Erbanlagen sein könnte.

Die Nachricht war ein Schock für Cornelia Kübler und ihren Mann Timo: „Wir standen mitten in Stuttgart und wussten nicht, wo oben und unten ist“, erinnert sich Lenas Mutter an jenen Tag und prangert an, „dass Paare emotional so gut wie nie aufgefangen werden“. Zwei Monate später dann die zweite Feinultraschall-Untersuchung: Die lieferte das gleiche Ergebnis, aber wieder keine Gewissheit. „Ich hatte immer noch einen Hoffnungsschimmer, dass Fabian ganz normal sein könnte. Wir hatten uns einfach nicht mit dem Gedanken angefreundet, ein behindertes Kind zu bekommen.“

Der 5. Juni aber brachte die Gewissheit. Söhnchen Fabian wird mit dem Down-Syndrom geboren. Für die Mutter ist heute klar: „Es wäre undenkbar für mich gewesen, ihn abzutreiben, denn schon beim ersten Feinultraschall im Rahmen der Pränataldiagnostik habe ich mein Kind gespürt.“ Doch in der Frau lebt ein großer Wunsch: „Betroffene Eltern sollten die Chance haben, sich richtig über Kinder mit Trisomie 21 informieren zu können.“ Cornelia Kübler fände es passend, statt der üblichen Abtreibungsangebote auch Adressen von Familien mit Down-Syndrom-Kindern zu vermitteln, an die sich werdende Eltern wenden könnten. „Um nämlich einen realistischen Eindruck zu erhalten. Man ist ja nicht in der Lage abzuschätzen, was auf einen zukommt und was so ein Kind an Schönem bietet“, argumentiert die Mutter. „Denn selbst wenn Fabian mit einer Lungenentzündung im Bett liegt, lacht er noch.“

Was aber extrem schwierig für das Paar war, erklärt Cornelia Kübler so: „Nach der Geburt und dem langwierigen Aufenthalt im Krankenhaus standen wir total allein da. Wir wussten vorher nicht, wie viel Druck und Anspannung auf uns lasten. Außerdem stießen wir im Umfeld erst einmal auf Unverständnis, weil wir nicht in der Lage waren, uns zu öffnen. Wir waren ja so sehr mit uns beschäftigt.“ Die Tatsache aber, dass das Kind sechs Wochen lang im Krankenhaus bleiben musste, wurde zur Zerreißprobe für die Mutter. „Mich trieb die Sorge um, ob ich eine Bindung zu meinem Kind aufbauen könne. Und da ich voll gestillt habe, war es ein ständiges Hin und Her.“

Fabians hohe Infektanfälligkeit und der instabile Rumpf, dessen Muskeln wöchentlich einmal mit der Physiotherapeutin aufgebaut werden, sind die Schwachstellen vieler Kinder mit Trisomie 21. Einmal pro Woche gehen die Küblers auch zur Logopädin. Fabian spricht nur wenig. Stattdessen nutzt er eine Gebärdensprache, die zumindest die Familienangehörigen meistens entschlüsseln können. Erlebnisse und Gefühle jedoch sind für ihn schwer mitzuteilen. Emotional aber hat der Kleine das Leben seiner Eltern tüchtig aufgewertet. „Die Erfahrung mit ihm hat unsere ganze Lebenseinstellung verändert. Wir achten viel mehr auf das Wesentliche und weitaus weniger auf äußere Werte.“ Und auch Lena liebt ihren Bruder über alles. „Und umgekehrt“, erzählt die Mama, die oft genug erlebt, dass Fabian zur Schwester läuft, wenn die Eltern mal mit ihm schimpfen. Für Lena steht fest: „Ihr habt den besten Bruder im Krankenhaus ausgesucht!“

Obwohl Deutschland in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Wandel erlebt hat, indem immer mehr Personen mit Down-Syndrom öffentlich das Wort ergreifen und bei Themen mitreden, die ihr Leben tangieren, verspüren die Küblers den dringenden Wunsch, dass die Gesellschaft viel selbstverständlicher und herzlicher mit ihnen umgehe. „Auch wenn sie nicht in den allseits vorherrschenden Leistungsgedanken passen!“

Cornelia Kübler hofft außerdem, dass ihr Sohn einmal gut in der Gesellschaft werde mitschwimmen können. „Diese Menschen verdienen es, gute Chancen in der Arbeitswelt zu bekommen.“ Für das Ehepaar war es deshalb wichtig, ihren Sohn, der „geistig sehr fit ist“, im Regelkindergarten unterzubringen. „Er braucht seine Herausforderungen“, weiß Cornelia Kübler. Die Mutter weiß, dass es dem Jungen leicht fällt, sich die Welt zu erobern: „Er ist eigentlich nie missmutig, sucht die Gemeinschaft und ist Neuem gegenüber äußerst offen.“