Dieses Foto ist knapp drei Jahre alt. Die Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer (von links nach rechts) halten den frisch unterzeichneten Koalitionsvertrag in den Händen. Foto: dpa

In einem Jahr wird ein neuer Bundestag gewählt. Derzeit fällt die Koalition in Berlin vor allem durch Meinungsverschiedenheiten auf. Welche Teile des Koalitionsvertrages Schwarz-Rot bislang abgearbeitet hat, zeigen wir im Überblick.

Berlin - Ein Jahr noch bis zur Bundestagswahl. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD ist in weiten Teilen abgearbeitet. Das seit Ende 2013 regierende schwarz-rote Bündnis musste aber auch unabhängig von den vereinbarten Koalitionszielen wichtige Vorhaben angehen. Ein Überblick über das Erreichte:

Flüchtlinge Schwarz-Rot brachte zwei große Asylpakete und zahlreiche Einzelregelungen auf den Weg. Unter anderem wurden sechs Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft, um die Zahl der Asylbewerber von dort zu reduzieren. Für drei weitere nordafrikanische Staaten ist das ebenfalls beschlossen, hier fehlt aber noch die Zustimmung des Bundesrats. Hinzu kamen zahlreiche Asylrechtsverschärfungen wie strengere Vorgaben für Abschiebungen, Leistungskürzungen, eine Beschränkung des Familiennachzugs, eine neue Wohnsitzauflage für bestimmte Flüchtlinge. Gleichzeitig wurden aber auch das Arbeitsverbot für Asylbewerber gelockert und Hürden auf dem Jobmarkt abgebaut. Mehr Schutzsuchende bekamen Zugang zu Integrationskursen, für gut Integrierte wurde das Bleiberecht ausgeweitet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), bekam deutlich mehr Personal, und die Prozesse dort wurden komplett umgekrempelt. Um gegen das Daten- und Registrierungschaos anzugehen, wurde ein einheitlicher Flüchtlingsausweis eingeführt.

Innere Sicherheit Polizei und Geheimdienste bekamen deutlich mehr Personal und auch einige neue Befugnisse. Bei der Bundespolizei wurde eine zusätzliche neue Anti-Terror-Einheit eingerichtet. Die Koalition stellte unter anderem schon den Versuch, in Kampfgebiete wie Syrien zu reisen, unter Strafe und schaffte einen neuen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung. Neu eingeführt wurde die Möglichkeit, gefährlichen Islamisten den Personalausweis zu entziehen, um ihre Ausreise in Kampfgebiete zu verhindern. Die Vorratsdatenspeicherung wurde wieder eingeführt. Als Konsequenz aus dem Skandal um die rechte Terrorzelle NSU brachte die Koalition außerdem eine Verfassungsschutzreform auf den Weg, um den Informationsaustausch zwischen den Ämtern zu verbessern und den Einsatz von V-Leuten zu regulieren.

Mindestlohn 8,50 Euro - diese Zahl steht symbolisch für die Erfolge der SPD in der großen Koalition, zu der die Sozialdemokraten etwa auch die abschlagsfreie Rente mit 63 zählen. Mit dem Mindestlohn wurde nach jahrelangen Debatten erstmals eine gesetzliche Lohnuntergrenze eingeführt. Der Streit riss zunächst nicht ab, selbst nach der Einführung des Mindestlohns ging es noch über Monate über die Regeln zur Durchsetzung. Warnungen vor massiven Jobverlusten bewahrheiteten sich nicht. Ziemlich geräuschlos ging die Entscheidung über die Mindestlohnerhöhung zum 1. Januar 2017 vonstatten. Eine unabhängige Mindestlohnkommission empfahl 8,84 Euro. Eine Verordnung der Regierung dürfte folgen.

Haushalt Seit 2014 kann Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit einem ausgeglichenen Haushalt glänzen - der berühmten „Schwarzen Null“. Das hatte es das letzte Mal 1969 gegeben. Die „Schwarze Null“ ist allerdings auch wegen kräftig sprudelnder Steuereinnahmen möglich geworden - dank stabiler Wirtschaft und Beschäftigung. Entlastungen in Milliardenhöhe für den Bund gibt es auch bei den Zinskosten für alte Kredite.

Kommunen/Länder Der Bund entlastet Länder und Kommunen nach Darstellung des CDU-Haushaltsexperten Eckardt Rehberg in einer nie da gewesenen Größenordnung. Allein in dieser Wahlperiode betrage das Entlastungsvolumen rund 90 Milliarden Euro. Die Unterstützung greift vor allem bei sozialen Leistungen, im Familien- und Bildungsbereich und bei den Asyl- und Flüchtlingskosten.

Energiewende Die Förderung von Ökostrom in Deutschland wird vom kommenden Jahr an komplett umgestellt im Zuge der schwarz-roten Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Betreiber größerer Windparks oder Solaranlagen sowie von Biogas-Anlagen bekommen künftig für ihren eingespeisten Strom keine feste, gesetzlich festgelegte Vergütung mehr. Stattdessen werden neue Projekte ausgeschrieben: Wer am wenigsten Subventionen pro Kilowattstunde Strom verlangt, erhält den Zuschlag.

Steuern Bei dem Thema passierte nur wenig. Die CSU hatte jegliche Steuererhöhungen abgelehnt, was auch den Abbau unsinniger Steuerprivilegien ausschloss. Und die Bundesländer wollten keine Entlastungen finanzieren. Immerhin: Für Steuerbetrüger wurde es schwieriger, mit einer Selbstanzeige straffrei davonzukommen. Auf internationaler Ebene hat Schäuble Bemühungen vorangetrieben, Steuerflucht und Steuertrickserien großer Konzern einzudämmen.