Trumps Motto „America first“ steht für eine neue Außenpolitik. Foto:  

Nach einem Jahr werden mögliche Langzeitfolgen der Präsidentschaft Donald Trumps in der Außenpolitik sichtbar.

Washington - Auch ein Jahr nach der Amtseinführung kann Donald Trump das Ausland noch schockieren. Dass ein US-Präsident andere Länder als „Dreckslöcher“ bezeichnet, ist noch nicht vorgekommen. Der rüde Ton im Präsidialamt wird sich leicht wieder ändern lassen. Doch es werden andere, gravierende Weichenstellungen in der Außenpolitik sichtbar. Trumps Motto „America first“ steht für einen neuen Isolationismus, einen wirtschaftlichen Protektionismus und ein Verständnis von Außenbeziehungen, das sofortige und konkrete Gegenleistungen für US-Engagements verlangt.

Hundert Jahre nach dem Aufruf von Präsident Woodrow Wilson, die USA sollten die Demokratie in der Welt verbreiten, erklärt Trump den moralischen Führungsanspruch für beendet. Ein Beispiel dafür war seine Drohung, die USA würden im Krisenfall künftig nur noch jene Nato-Partner verteidigen, die genug in die Kriegskasse der Allianz einzahlen. Zwar hat sich Trump inzwischen zur gegenseitigen Beistandspflicht im Bündnis bekannt, doch der Schock bei den Verbündeten sitzt tief, zumal der US-Präsident aus seiner Sympathie für den russischen Staatschef Wladimir Putin keinen Hehl macht. Der wachsende russische Einfluss in Nahost scheint Trump auch nicht zu stören. Internationalen Handelsverträgen steht er skeptisch gegenüber. Seine Antwort heißt Protektionismus, nicht nur in der Wirtschaftspolitik. Der Muslim-Bann verstärkt den Eindruck, dass Amerika die Tore schließt. Schon ist vom Ende des „amerikanischen Jahrhunderts“ die Rede. „Amerikas Rolle in der Welt ist geschrumpft“, stellte die auf den Kongress spezialisierte Nachrichten-Website „The Hill“ fest.

Etat des US-Außenministeriums wurde vum 30 Prozent zusammengestrichen

Da Politik kein Vakuum duldet, stärkt Trumps Abkehr von der traditionellen Rolle der USA in der Welt andere Mächte. Ein großer Nutznießer könnte China sein. Hocherfreut reagierte die Führung in Peking darauf, dass Trump schon in den ersten Tagen im Amt die Teilnahme der USA an der Pazifischen Freihandelszone TPP absagte. Das sei ein „großes Geschenk“ an China gewesen, sagte Jin Yinan von der Nationalen Verteidigungsuniversität, einer Kaderschmide in Peking. Eigentlich müsste Trumps Motto „China wieder groß machen“ lauten, kommentierte das Magazin „The New Yorker“. Sachzwänge und Realpolitiker wie Verteidigungsminister James Mattis haben in Trumps erstem Jahr zwar den globalen Rückzug gebremst. So schickte er mehr Soldaten nach Afghanistan und verzichtete widerwillig auf eine sofortige Annullierung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Doch der Trend ist unverkennbar. Die USA steigen nicht nur aus dem Pariser Klimavertrag, sondern auch aus der UN-Kulturorganisation Unesco aus, und der Iran-Vertrag könnte schon im Mai kollabieren. Der Etat des US-Außenministeriums wurde von Trumps Regierung um 30 Prozent zusammengestrichen: Der Präsident findet, es geht auch so. Trumps Rückzug von der Welt schwächt die „soft power“ der USA: die Fähigkeit, die Attraktivität des Landes zur Umsetzung politischer Ziele zu benutzen.

Amerika verliert rapide an Ansehen in der Welt. Ganze Generationen sind mit einem Bild der USA als Land der Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten aufgewachsen. Trump tut alles, um dieses Image zu zerstören. Wenige Monaten nach seinem Amtsantritt war laut einer internationalen Umfrage der Anteil der Menschen mit einer positiven Meinung über die USA von 64 auf 49 Prozent gesunken. Inzwischen dürfte die Abneigung noch größer geworden sein. Ein künftiger Präsident wird viel Energie darauf verwenden müssen, den Trend umzukehren.