Vorfahrt für sonntägliches Bummeln und Einkaufen: Die Autos müssen einen Bogen um die Wilhelmstraße machen. Foto: factum/Weise

Das Marstallcenter sollte einst in der Ludwigsburger City die Lücke schließen, die das Breuningerland riss. Das ist nach Generalsanierung und mit verkürztem Namen Marstall heute anders – aber nur ein bisschen.

Ludwigsburg - Mission erfüllt: vor einem Jahr wurde das Marstallcenter in der Unteren Stadt von Ludwigsburg als „Das Marstall“ rundumsaniert wiedereröffnet. Mit dem großen Ziel, das Center wieder zu einem Kundenmagneten zu machen und das Viertel vor der Verwahrlosung zu bewahren. Jetzt, bei der Feier zum einjährigen Bestehen des Shopping-Centers, beim verkaufsoffenen Sonntag mit dem klangvollen Namen „Shoptober“, der das Kastanienbeutelfest zusehends in den Hintergrund drängt, zeigt sich: die Neueröffnung scheint ihren Zweck zu erfüllen.

Laut dem Centermanagement unter der Ägide der Marketingprofis von ECE strömen täglich im Schnitt 16 700 Besucher an den Fuß von Ludwigsburgs bekanntestem Hochhaus. Am Sonntag dürften es ein paar mehr gewesen sein, obwohl – oder womöglich gerade weil? – das Wetter durchaus freundlicher hätte sein können. „Wenn’s regnet, gehe ich immer ins Marstall und schau’ mir die Geschäfte an“, sagt eine junge Shopperin im Vorbeigehen. Trockenen Fußes einkaufen: das war und ist eines der Kernversprechen der Shopping-Zentren.

„Für mich sehen diese Center alle gleich aus“

Und die Ästhetik? Vollmundig schwärmt ECE, dass „die Architektur und Atmosphäre des neuen Marstall“ von „Besuchern und Mitarbeitern sehr gelobt“ werde. Ein Institut namens Ecostra hat, darauf verweisen die Manager stolz, das Marstall zu einem von Deutschlands schönsten Shopping-Zentren gekürt – es landete jedoch nicht unter den ersten drei. „Also für mich sehen diese Shopping-Center alle gleich aus“, sagt eine Passantin in der Kirchstraße. Auf die Frage, worin sich für sie das Marstall von der örtlichen Konkurrenz, der Wilhelmgalerie, unterscheidet, kommt die Frau ins Grübeln. „Ich glaube, das Marstall ist größer, oder?“ Ansonsten glichen sich diese Einkaufsmeilen in der Optik sehr, sagt sie.

Ironie am Rande: ECE ist auch der Betreiber des größten (vor-)örtlichen Konkurrenten, des Breuningerlandes im Tammerfeld. Dieses und sein Schwesterbetrieb in Sindelfingen wurden bei Studien des Instituts Ecostra mehrfach unter die Top 3 gewählt. Allerdings nicht in Sachen Optik, sondern schlicht wegen des Erfolgs: die dortigen Mieter zeigten sich bei Umfragen offenbar immer besonders zufrieden.

Noch hapert es mit der „Wertigkeit“

Dabei wurde das Marstall, historisch betrachtet, einst gegründet, um dem 1973 eröffneten Breuningerland Paroli zu bieten, auf dass nicht die gesamte, große Kaufkraft der City ins Tammerfeld abfließe. Zudem drohte der Unteren Stadt schon damals die Verwahrlosung. Und heute? Heute scheint das gar nicht so anders zu sein. Breuningerland will erweitern. In der Diskussion darüber sieht der Ludwigsburger Innenstadtverein das Marstall mit seinen 70 Geschäften nicht nur als edel überdachte Konkurrenz. Vielmehr wirke sich die Neugestaltung positiv auf die gesamte Einkaufsstadt aus. Die Stadtverwaltung jedoch hebt mahnend den Finger: ein hipper Burger-Laden mit den großen Freitreppen an der Unteren Kirchstraße, ein bisschen Außengastronomie am Reithausplatz – in Sachen „Wertigkeit“ habe das Marstall noch die viel zitierte Luft nach oben, heißt es im Ludwigsburger Rathaus.

Manchem Einkäufer bleibt an diesem Sonntag fast die Luft weg in Anbetracht der ständigen Angebote, Jubiläumsrabatte und Verlosungen. Moderatoren eines Privatradiosenders stromern durch das Zentrum und bezahlen zufällig ausgewählten Kunden ihren Einkauf – das alles im Gesamtwert von 20 000 Euro. Der Autor dieser Zeilen zählt leider nicht zu den Glücklichen. Es gibt Musik und eine Seifenblasenshow. Zudem werden die schönsten Figuren ausgestellt, die Kinder in der vergangenen Woche aus Kastanien gebastelt haben. Immerhin: es ist eine Reminiszenz ans parallele Kastanienbeutelfest.