Lena Schwelling will mehr Grün in der grün-schwarzen Koalition. Foto: dpa

Das erste Jahr der grün-schwarzen Landesregierung stößt beim Nachwuchs der Regierungsparteien auf ein geteiltes Echo. Die Junge Union ist ziemlich zufrieden. Die Grüne Jugend stellt Forderungen – und nähme auch einen Koalitionskrach in Kauf.

Stuttgart - „Das erste Jahr Grün-Schwarz war gut für Baden-Württemberg und gut für die CDU.“ Nikolas Löbel, der Chef der Nachwuchsorganisation Junge Union zeigt sich recht zufrieden mit dem Auftreten seiner Mutterpartei in der Landesregierung. Ganz anders fällt die Zwischenbilanz von Lena Schwelling, der Landesvorsitzenden der Grünen Jugend aus: Sie findet, „Grün könnte besser dastehen“.

Die Grüne Jugend vermisst den Führungsanspruch ihrer Partei: „Wir müssen zeigen, dies ist eine grün-geführte Landesregierung“. Löbel dagegen lobt: „Wir können uns als CDU in dieser Regierung behaupten.“ In der Bildungspolitik und bei der Inneren Sicherheit zeige sich „die klare Handschrift der CDU“.

Juniorpartner mit Profil

Ein Jahr nach der für die CDU desaströsen Landtagswahl zieht Löbel eine positive Zwischenbilanz. „Es war gut, dass wir uns getraut haben, auch in der Rolle als Juniorpartner Verantwortung zu übernehmen“. Man zeige Profil, „die Grünen haben sich uns angenähert“, die CDU mache klar: „wir sind die Baden-Württemberg Partei“. So wie im ersten Jahr kann es aus Löbels Sicht für die CDU in den kommenden vier Jahren ruhig weitergehen.

Lena Schwelling dagegen sieht die Annäherung auf der anderen Seite: „Wir mussten erst die CDU ändern“. Als Beleg führt sie an, dass die Christdemokraten im Land eine blaue Plakette für schadstoffarme Autos in Erwägung ziehen könnten. Für die Zukunft erwartet die Grüne Jugend, dass ihre Mutterpartei klarere Kante zeigt.

Freiwillig mehr Flüchtlinge?

Das Thema Asylpolitik macht den Grünen schwer zu schaffen. „Die grüne Führung ist nicht deutlich geworden“, klagt Lena Schwelling. Der CDU-Innenminister habe „die Grenzen ausgetestet“, die Grünen müssten das einschränken. Überhaupt habe sich der Fokus im Umgang mit Flucht und Asyl verlagert. „Jetzt scheinen Abschiebezahlen im Vordergrund zu stehen, nicht die Humanität“. Das will die Chefin der Grünen Jugend geändert sehen: Sie fordert: „Die Grünen sollten klar vorangehen. Es wäre richtig, wenn Baden-Württemberg freiwillig mehr Flüchtlinge aufnehmen würde“. Ganz andere Zeichen setzt Nikolas Löbel. Der JU-Chef lobt den Einsatz der Körperkameras und die Aufstockung der Ausbildungszahlen bei der Polizei.

Die Grüne Jugend hat viele Erwartungen für die weiteren vier Jahre der Legislaturperiode: Ganz oben steht die Änderung des Landtagswahlrechts. „Der Frauenanteil im Parlament ist beschämend“, sagt Lena Schwelling. Die Grünen müssten nun das Listenverfahren für die Landtagswahl durchsetzen. Das habe schon mit der SPD nicht geklappt. Jetzt müsse die Partei ernst machen: „Dafür müssen wir notfalls auch einen Koalitionsstreit riskieren“.

Reibungen programmiert

Wenn es nach den Nachwuchsorganisationen geht, verläuft auch die weitere Legislaturperiode nicht reibungsfrei: Schwelling will ein konsequentes Eintreten für eine Verkehrswende und kritisiert den ihrer Ansicht nach zu weichen Umgang der Grünen mit der Automobilindustrie. Löbel erwartet ebenfalls, dass Verkehrsthemen die künftigen Debatten beherrschen. Da seien aber „die Überschneidungen mit den Grünen nicht allzu groß“. Den Beschluss zum freiwilligen Polizeidienst sieht er als nächsten Knackpunkt der Koalition. Für Löbel steht fest: „Wir müssen so viel wie möglich unserer Ideen und Überzeugungen durchsetzen“. Das erwartet auch die Grüne Jugend von ihrer Mutterpartei. Die JU sieht die CDU auf gutem Weg, die Grüne Jugend meint: „wir können das besser“.