Ein knappes Jahr nach Einführung zeigt sich, dass die Bürger am meisten vom strikteren Datenschutz profitieren, meint Redakteur Daniel Gräfe. Ärger bereiten fragwürdige Experten.
Stuttgart - Knapp ein Jahr nach Einführung der Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, lassen sich die Gewinner und Verlierer klarer benennen: Profitiert haben jene Großfirmen, die schon zuvor Datenschutz praktizierten und ihre Prozesse vergleichsweise leicht auf die neue Verordnung umstellen konnten. Sie besitzen jetzt zeitgemäße Abläufe, um Daten sicher zu verarbeiten und sie für neue Geschäftsmodelle zu nutzen, und das in 28 EU-Staaten. Und künftig in noch mehr Ländern: So hat jüngst Japan mit der EU ein Abkommen über den Datenaustausch geschlossen, das auf der DSGVO basiert. Weltweit könnte sich der strenge Datenschutz zum Standard, zumindest aber zum Wettbewerbsvorteil auch für deutsche Firmen entwickeln.
Zu den Verlierern zählen jene Unternehmen, die sich zu spät mit der DSGVO beschäftigt und sich kurz vor dem Stichtag am 25. Mai 2018 auf die Hilfe vermeintlicher Datenschutzexperten verlassen haben, die auf dem leer gefegten Markt noch zu haben waren. Etliche Unternehmer haben viel Geld für eine mangelhafte Umsetzung ausgegeben und müssen jetzt nochmals investieren, um die Mängel wieder zu korrigieren. Den entstandenen Schaden einzuklagen wird oft schwierig sein.
Die Ehernamtlichen in den Vereinen sind oft überfordert
Hatten es die Unternehmer meist in der eigenen Hand, die DSGVO zu ihren Gunsten zu nutzen, waren vielen Ehrenamtlichen in den Vereinen oft die Hände gebunden. Den Aufwand zu stemmen und sich die Expertise zu erarbeiten, das erschien oft zu Recht unverhältnismäßig. Dass die DSGVO Vereinen und Datenkraken à la Facebook die gleichen Auflagen macht, ist vielleicht ihre größte Schwäche. Hier sollte der Landesdatenschutz den maximalen Spielraum nutzen, um die Vereine in der Praxis zu entlasten. Dass dagegen Abmahnanwälte ihr Geschäft wittern, ist gängiges Spiel vieler Gesetzesänderungen.
Insgesamt hat sich der neue Datenschutz bewährt, wobei die Verbraucher am meisten davon profitieren: Sie können leichter erfahren, wie ihre personenbezogenen Daten gespeichert und verarbeitet werden. Sind sie mit dem Anbieter oder Vertragspartner unzufrieden, können sie ihre Daten übertragen oder löschen lassen. Außerdem können sie ihre Rechte mit der neuen DSGVO leichter durchsetzen. Dass die Zahl der Beschwerden wegen Datenschutzverstößen stark gestiegen ist, ist deshalb ein gutes Zeichen.