Arbeitnehmer sollen sich bilden, am liebsten für berufliche Belange, sagen die Arbeitgeber. Foto: blickwinkel

Seit einem Jahr gibt es das Bildungszeitgesetz in Baden-Württemberg. Es ist der Stolz der Gewerkschaften, doch gibt es Ansätze, das Gesetz zu beschneiden.

Stuttgart - Das Bildungszeitgesetz in Baden-Württemberg ist gerade ein Jahr alt und die FDP will es schon zusammenstutzen. Am Mittwoch stellt sie ihren Gesetzentwurf im Landtag vor. Danach soll der bezahlte Urlaub für Fortbildungszwecke in erster Linie auf betriebsbezogene Fortbildungen beschränkt werden. Für die Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten soll es bis zu drei statt der vorgesehenen fünf Tage Bildungszeit geben. Die politische Fortbildung soll entfallen.

Auch die neue Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) will erreichen, dass sich die Bildungszeit auf betriebsbezogene Fortbildungen konzentriert. Außerdem hat sich die grün-schwarze Koalition darauf festgelegt, dass das Gesetz schon nach zwei Jahren evaluiert wird.

DGB sieht Gesetz nicht in Gefahr

Das alles stimmt die Organisationen im landesweiten Bündnis Bildungszeit „nicht so glücklich“, wie Gabriele Frenzer-Wolf, die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende, zurückhaltend sagt. Noch gibt sie sich optimistisch. „Ich sehe nicht die Gefahr, dass das Gesetz kippt“, sagte sie bei einem Pressegespräch des Bündnisses. Sie setzt auf ein Gespräch mit der Wirtschaftsministerin. So lange wolle sie die Aussage von Hoffmeister-Wolf „nicht auf die Goldwaage legen“. Auch sei ja nicht die gesamte CDU dagegen, „nur die Wirtschaftsverbände“. Vom Gesetzentwurf der FDP hält das Bündnis gar nichts. „Die Beschränkung auf die betriebliche Weiterbildung geht an der Intention des Gesetzes vorbei“, sagt Frenzer-Wolf. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die Bildungszeit für das ehrenamtliche Engagement auf drei Tage gekürzt werden sollte. „Die Streichung der politischen Bildung lehnen wir vollständig ab“.

Arbeitnehmer machen sich Sorgen

Die 15 Mitgliedsorganisationen des Bündnis für Bildung erwarten vielmehr, dass die Landesregierung das Bildungszeit bekannter macht und hoffen auf eine gemeinsame Informationskampagne. Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Gesetzes hätten noch viele Arbeitnehmer Bedenken, die Bildungszeit für ehrenamtliche Tätigkeit in Anspruch zu nehmen, berichtet Michael Krämer für die kirchliche Erwachsenenbildung im Land. „Die Leute nehmen lieber normalen Urlaub, weil sie befürchten, dass sonst die Beförderung stecken bleibt.“ Gelegentlich gibt es der IG Metall zufolge auch Differenzen mit Betriebe. Einige werden wohl vor Gericht geklärt.

Dennoch zieht das Bündnis eine positive erste Bilanz. Die Nachfrage nach den Seminaren sei groß. Allein die IG Metall hat in einem Jahr 1700 Teilnehmer gezählt. 470 Bildungseinrichtungen im Land sind als Träger der beruflichen Bildung anerkannt. In diesem Jahr sind 22 Träger für Angebote zur Bildung im Ehrenamt hinzugekommen. Baden-Württemberg ist das einzige Land, das für das Ehrenamt Qualifikationen anbietet.

Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier erklärt: „Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag wird Seite um Seite über die Notwendigkeit von Bildung philosophiert. Das Bildungszeitgesetz ist dafür ein wichtiger praktischer Baustein.“ Der DGB erwartet nun, dass das Gesetz „ergebnisoffen evaluiert wird“, und dass die Grünen, „sich für das Gesetz einsetzen, das sie gemeinsam verabschiedet haben“. Wenn auch auf ziemlichen Druck der SPD.