Wegen einer Tafel Schokolade traf man sich vor Gericht. Foto: 124759007

Das Arbeitsgericht schlichtet einen Zwist zwischen einer Schule und einer Erzieherin. Die Frau hatte eine Tafel Schokolade einer Kollegin gegessen und wurde fristlos gekündigt

Heidelberg - Weil sie eine Tafel Schokolade einer Kollegin verzehrt, im Internat der Schule verbotenerweise zweimal ihre private Wäsche gewaschen und außerdem für eine kleine Weihnachtsfeier eine Stofftasche einer Lehrerin als Wichtelgeschenk eingepackt haben soll, hat eine Heilerziehungspflegerin einer großen Privatschule in Neckargemünd (Rhein-Neckar-Kreis) Anfang des Jahres ihren Arbeitsplatz verloren. Die SRH-Gruppe in Heidelberg, die Trägerin der Schule ist, hatte der 64-jährigen Frau nach 32 Dienstjahren fristlos gekündigt, weil die nötige Vertrauensbasis für eine Arbeit im Internat der Schule nicht mehr gegeben sei. „Wir reden hier zwar über relativ geringfügige Dinge“, dennoch sei die Entlassung gerechtfertigt, zumal sich inzwischen gezeigt habe, dass es auch früher „schon ähnliche Vorfälle gegeben habe“, erklärte der Anwalt der Schule vor dem Heidelberger Arbeitsgericht.

Dort haben sich beide Seiten am Mittwoch getroffen, nachdem eine gütliche Einigung bei einem ersten Termin im April gescheitert war. Die Erziehungspflegerin räumte dabei ein, dass sie die Tafel Schokolade der Kollegin gegessen habe, die diese ausdrücklich mit einem Aufkleber als ihr Eigentum gekennzeichnet hatte. Sie habe sich dafür aber später entschuldigt und ihr die Tafel im Wert von 2,20 Euro auch ersetzt, berichtete sie. Die Schokolade habe vorher schon länger im gemeinsamen Aufenthaltsraum herumgelegen, sagte sie. Als sie sie an sich genommen habe, habe sie gegenüber einer anderen Kollegin ausdrücklich erwähnt, dass sie sie sich nur „leihen“ wolle. Schließlich sei es unter den Mitarbeitern üblich gewesen, Süßigkeiten oder Gebäck in den Gemeinschaftsraum auch für andere mitzubringen. „Das war ein Geben und Nehmen“, sagte sie vor Gericht.

Das Gericht bemüht sich, Licht in die Vorwürfe zu bringen

Die übrigen Vorwürfe wies sie zurück. Im Wäscheraum des Internats hätten auch andere Kollegen gelegentlich eigene Wäsche zu waschen, wenn diese bei der Arbeit schmutzig geworden sei. Dies sei – bis zu ihrer Kündigung – auch nicht verboten gewesen. Die Tasche einer Lehrerin, die als Wichtelgeschenk eingepackt worden sei, habe in einem Karton mit anderen zum Verschenken vorgesehenen Sachen gelegen, die von einer vorhergehenden Tombola übrig geblieben seien. „Da wird jetzt alles verdreht“, sagte die Rechtssekretärin der Gewerkschaft, die die Gekündigte vertrat. „Mit unklaren Vorwürfen wird Stimmung gemacht, das ist schäbig – so kann es nicht gehen“, sagte sie.

Gut eine Stunde lang bemühte sich das Gericht, durch Befragen beider Seiten mehr Licht in die Vorwürfe zu bringen. Dann zog der Vorsitzende Richter Bilanz. Offensichtlich, stellte er fest, habe es in dem Internat „kein klares Privatwaschverbot“ gegeben. Dies sei erlassen worden, nachdem entsprechende Vorwürfe gegenüber der Gekündigten erhoben worden seien. Wie die fragliche Stofftasche „gewandert“ sei, lasse sich nicht mehr genau nachvollziehen. Offenbar habe die Lehrerin, der sie ursprünglich gehörte, sie bereits im Herbst 2016 einer Kollegin geliehen und lange nicht zurückverlangt. Dass die Klägerin bei der Weihnachtsfeier am 19. Dezember „Fremdeigentum verwichtelt“ habe, sei ihr „wohl nicht klar gewesen“. So bleibe am Ende die Schokolade, die sie nicht einfach hätte nehmen dürfen. „Wir finden diesen Eigentumsbruch nicht lustig“, betonte der Richter. Gleichwohl rate man den Parteien zu einem Vergleich. Bei einer Abmahnung mit einer Rüge halte man eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für möglich, stellte er fest. Dem haben nach kurzer Beratung beide Seiten zugestimmt.