Die Sparmaßnahmen des Bundes treffen das Jobcenter und die hiesigen Sozialunternehmen hart. Ein Sicherungskonzept der Stadt soll vor allem Ein-Euro-Jobs erhalten, auch mit eigenem Geld. Die Träger sind skeptisch.
Seit bekannt ist, dass der Bund den Jobcentern in der Republik im kommenden Jahr die Gelder deutlich kürzen will, geht auch bei den Sozialunternehmen in Stuttgart die Angst um. Zum Beispiel bei der Neuen Arbeit. Durch die Pläne des Berliner Arbeitsministeriums seien die Fahrrad-Service-Stationen in Feuerbach und Möhringen akut in ihrer Existenz bedroh“, warnt der Sozialträger. Auch das bewachte Parken an den Fahrrad-Service-Stationen Bad Cannstatt und Vaihingen könne dann nicht mehr gewährleistet werden. An den vier Stationen der Neuen Arbeit sind bis zu 14 Langzeitarbeitslose. Sollte die Förderung des Bundes wegfallen und nicht mit kommunalen Mitteln ersetzt werden, „sehen wir uns gezwungen, diese zum 31. Dezember zu schließen“.
Solche Integrationsjobs gibt es auch bei anderen Sozialträgern, etwa in Tafelläden, in Second-Hand-Kaufhäusern, in Werkstätten und in Kultureinrichtungen. Insgesamt 309 sind es im laufenden Jahr laut der städtischen Sozialverwaltung. Nach der angekündigten Mittelkürzung durch den Bund wären es nur noch 90. Inzwischen hat die Stadt mit dem Jobcenter aber ein Sicherungskonzept erarbeitet. Es soll neben der Neuen Arbeit etwa dem Caritasverband, der Gesellschaft für Jugendsozialarbeit und Bildungsförderung (GJB) sowie der Gesellschaft für Schulung und berufliche Reintegration (SBR) zugute kommen.
Man wolle dafür sorgen, dass trotz der starken Reduktion der Bundesmittel in Stuttgart „die Trägerstruktur erhalten wird und nicht wegbricht“, erklärte Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne) im Sozialausschuss des Rats. Auch die Fraktionen unterstützen das Vorgehen der Verwaltung. Die Sozialträger sind seit Jahrzehnten ein elementarer Bestandteil der Stuttgarter Arbeitshilfe. „Die gute vorhandene Struktur darf man nicht zerschlagen“, betonte Stadträtin Beate Bulle-Schmid (CDU). Auch Petra Rühle von den Grünen ist überzeugt: „Was weg ist, wird man nicht mehr aufbauen können.“
Im Fokus des Stützungskonzept steht die Finanzierung von Arbeitsgelegenheiten (AGH), meist Ein-Euro-Jobs genannt. Diese sind laut der Stadtverwaltung unter anderem deshalb ein „fester Bestandteil im Angebotsportfolio der Arbeitshilfeträger“, weil sie anders als andere Integrationsmaßnahmen, die jeweils ausgeschrieben und im Wettbewerb nur zeitlich begrenzt vergeben werden, für die Unternehmen längerfristig ein stabilisierender Faktor sind.
Die Zahl der Ein-Euro-Jobs wird reduziert
Allerdings sieht die Stadt in ihrem Konzept nicht mehr 309 Ein-Euro-Jobs für das nächste Jahr vor, sondern nur noch 225. Diese Zahl ergibt sich daraus, dass die AGH-Plätze bisher lediglich zu 85 Prozent belegt gewesen sind, was angesichts einer recht hohen Abbrecherquote ein durchaus guter Wert sei. Überdies sind 41 Ein-Euro-Jobs bei dem Frauensozialunternehmen Zora entfallen, das Insolvenzantrag gestellt hat. Finanziert werden sollen daher nun noch 90 AGHs wie bisher auf der Basis des Sozialgesetzbuchs II (Grundsicherung für Arbeitssuchende), 70 dagegen aus Mitteln des Asylbewerberleistungsgesetzes und 65 auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches XII (Sozialhilfe).
Bei letzteren beiden Finanzierungsmodellen erhalten die Sozialträger aber keine ausreichende Pauschale für sogenannte Regiekosten. Man werde deshalb „städtische Mittel für den Overhead“ bereitstellen, erklärte Sozialbürgermeisterin Sußmann. Es handelt sich dabei für das kommende Jahr um knapp 1,2 Millionen Euro. Zu den Regiekosten gehören neben Verwaltungsausgaben auch Sachkosten und die Aufwendungen etwa für die Anleitung der Menschen und ihre sozialpädagogische Betreuung.
Das Sicherungsprogramm bedeutet eine erhebliche Veränderung für die Träger und für die Menschen in den Integrationsjobs. So soll es zwar möglich sein, etwa das Programm „Arbeit statt Drogen“ durch die Finanzierung über die Sozialhilfe weiterzuführen wie bisher. Doch alle Jobs, die auf der Basis des Asylbewerberleistungsgesetzes finanziert werden, müssen entsprechend mit Geflüchteten belegt werden. Es handle sich dabei um „eine komplett andere Personengruppe“, räumte Sußmann ein.
Entsprechend herrscht bei den Beteiligten nicht eitel Freude. Zwar findet Maria Hackl, Stadträtin der SPD, gut, dass das Programm „Arbeit statt Drogen“ so auf eine neue, rechtlich stabile Basis gestellt werde, da es seit Jahren rechtsunsicher gewesen sei. Aber etwa die Radstationen der Neuen Arbeit und der Second-Hand-Laden Fairkauf der Caritas in Feuerbach werden sich auf neue Mitarbeiter einstellen müssen.
„Ob sich die Lage mit dem städtischen Konzept verbessert oder nicht, bleibt nach wie vor offen“, erklärt Martin Tertelmann von der Neuen Arbeit. Uli Rabeneick, der Vorsitzende Schwäbische Tafel Stuttgart, hätte sich angesichts der sehr schwierigen Umstellung „die pauschale Verlängerung der AGHs um sechs Monate“ gewünscht.
Andrea Bartsch, die Bereichsleiterin Arbeit bei der Caritas, ist ebenfalls skeptisch, da die genaue Finanzierung und die Abwicklung der Projekte noch komplett offen seien. Und in etlichen Projekten werde man es mit einer „ganz neuen Zielgruppe“ zu tun haben. Und bei anderen Projekten, etwa im Bereich der Jugendhilfe, werde man im neuen Jahr, was die Zahl der Plätze und die Dauer der Maßnahmen angeht, mit Kürzungen im Umfang von 40 Prozent rechnen müssen. Vermutlich werde man Angebote reduzieren und gegebenenfalls Personal abbauen oder versetzen müssen. Ob sich verkleinerte Angebote wirtschaftlich noch rechnen, könne man auch noch nicht sagen, erklärt Bartsch.
Ganz unklar ist, wie es nach 2025 weitergehen soll. Die Kämmerei weist darauf hin, man werde die Finanzierung der Integrationsjobs „ausnahmsweise trotz der angespannten Haushaltssituation im Jahr 2025 mitgetragen“. Für die künftige Entwicklung macht das Finanzreferat aber deutlich, man könne grundsätzlich nicht Maßnahmen finanziell unterstützen, die dem Grunde nach vom Bund oder vom Land zu finanzieren wären. Den Beschluss über das Konzept für das kommende Jahr fasst der Gemeinderat am 19. Dezember.