Ob das Bundesverfassungsgericht dieser Forderung nachkommt, ist sehr fraglich. Foto: dpa

Das Anti-Ceta-Bündnis will das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada an diesem Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht bremsen. Unterstützt wird es von 125 000 Bürgern. Schon am Donnerstag soll eine Entscheidung bekanntgegeben werden.

Karlsruhe - Der zu erwartende Auftrieb ist genauso ungewöhnlich wie das enge Zeitkorsett: An diesem Mittwoch verhandelt das Bundesverfassungsgericht über mehrere Eilanträge, die sich gegen das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta wenden. Zu dessen Rechtfertigung will auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nach Karlsruhe kommen. Bereits am Donnerstagmorgen will der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle seine Entscheidung verkünden. Die grobe Richtung des Gerichts dürfte demzufolge schon vorgezeichnet sein – wie sie aussieht, ist noch offen. Es ist aber gut denkbar, dass Karlsruhe seine Vorbehalte äußert.

Konkret muss über vier Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus Verfassungsbeschwerden und über eine Organklage der Linken-Bundestagsfraktion befunden werden. Im Kern geht es um die Frage, ob der Ceta-Vertrag mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Gegner bestreiten dies und wollen verhindern, dass Ceta in Kraft tritt, bevor die Parlamente in den EU-Mitgliedstaaten ihre Zustimmung gegeben haben. Damit würden unzulässigerweise Hoheitsrechte des Bundestags auf ein internationales Organ übertragen, argumentieren sie. Zudem würden bei Ceta Wirtschaftsinteressen höher bewertet als hierzulande geltende Standards.

125 047 Einzelpersonen haben sich angeschlossen

Die Kritiker sehen Demokratie sowie Rechtsstaatlichkeit gefährdet und haben die bisher größte Bürgerklage in der Geschichte der Bundesrepublik ins Rollen gebracht: 125 047 Einzelpersonen haben sich der Klage des Bündnisses „Nein zu Ceta“ von Mehr Demokratie, Foodwatch und Campact angeschlossen. Eine Flötenlehrerin aus Lüdenscheid hat 68 000 Vollmachten gesammelt. Gibt das Gericht den Eilanträgen statt, könnte Gabriel im EU-Ministerrat aufgetragen werden, am 18. Oktober gegen die Annahme von Ceta und dessen vorläufige Anwendung schon Anfang 2017 zu votieren. So soll auch die Vertragsunterzeichnung am 27. Oktober beim EU-Kanada-Gipfel verhindert werden.

Karlsruhe könnte weitere Ceta-Anpassungen verlangen, um dem Bundestag die volle Kontrolle über das Abkommen zu sichern. Erst im Hauptsacheverfahren würde später darüber befunden, ob Teile von Ceta gegen die Verfassung verstoßen – sofern das Gericht die Klagen nicht gleich für unzulässig hält. In dieser Woche nimmt das Gericht nur eine Abwägung vor, welche Nachteile schwerer wiegen: wenn den Eilanträgen nicht stattgegeben würde, aber die Kläger in der Hauptsache Erfolg hätten – oder wenn die einstweilige Anordnung erlassen würde, Ceta später aber als verfassungskonform betrachtet würde.