Der 1. Mai gilt den Gewerkschaften traditionell als wichtiger Feiertag. (Symbolbild) Foto: imago images / Deutzmann/Deutzmann / deutzmann.net

Für die Gewerkschaften ist Arbeit am 1. Mai beinahe ein Sakrileg. Verdi hat sich deshalb gegen einen Verkaufssonntag in Nagold an das Verwaltungsgericht gewandt. Dessen Beschluss gefällt dem Handel gar nicht.

In Nagold dürfen Einzelhändler am 1. Mai nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) nicht öffnen. Die Gewerkschaft Verdi war mit einem Eilantrag gegen den verkaufsoffenen Sonntag am Feiertag der Arbeitnehmer erfolgreich, wie die Mannheimer Richter am Mittwoch mitteilten. Der Handelsverband kritisierte den unanfechtbaren Beschluss.

Als Folge setzte der VGH einen Passus der Satzung der Stadt im Kreis Calw zur Festsetzung der Verkaufssonntage vorläufig außer Kraft. Der örtliche Verdi-Geschäftsführer Thorsten Dossow sprach von einem Erfolg der Arbeitnehmer-Bewegung: „Nicht umsonst gibt es den 1. Mai, und er ist wichtiger denn je.“

Handelsverband will Innenstädte beleben

Ganz anders sieht das die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes Sabine Hagmann. Sie hält den zunächst nur im Tenor veröffentlichten Richterspruch vor dem Hintergrund der coronabedingten Probleme in den Innenstädten mit weniger Besuchern für „unglaublich“. Man müsse alles tun, um sie wieder in die Innenstädte zu locken. „Die Gewerkschaft sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt“, sagte Hagmann. Mit der Einstellung würden Arbeitsplätze gefährdet. Überdies habe sie von den Arbeitnehmern noch nie eine Klage über die Sonntagsarbeit gehört, sei mit ihr doch ein höherer Lohn, Freizeitausgleich und für die meist weiblichen Mitarbeiter eine nachmittägliche Betreuung ihrer Kinder durch den Vater verbunden.  

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Die Kommunen dürfen im Südwesten maximal drei Verkaufssonntage im Jahr veranstalten und brauchen dazu einen Anlass, etwa ein historisches Fest. Verdi-Mann Dossow sagte, das von der Stadt geplante Frühlingsfest entspreche nicht dem Kriterium, zumal eine Woche später ein überregional bekannter Keramikmarkt die bessere Gelegenheit gewesen wäre. Das Gericht habe die Einschätzung bestätigt, dass das von der Stadt an die Ladenöffnung geknüpfte Event nicht die erforderliche rechtliche Gewichtung habe. Nach Verdi-Angaben war ein ähnlicher Fall in Baden-Baden vor zwei Jahren auch zugunsten der Gewerkschaft entschieden worden.

Für den VGH ist es das erste derartige Verfahren nach den Hochzeiten der Corona-Pandemie.