Wie lange werden die Bänder in den Opel-Werken noch laufen? Bange Tage wieder einmal für das Unternehmen. Foto: dpa

Karl-Thomas Neumann soll den Zusammenschluss mit PSA noch begleiten. Finanzvorstand Michael Lohscheller folgt ihm als Vorstandschef nach – und übernimmt die Rolle des Statthalters für die deutsche Tochter des französischen Konzerns.

Frankfurt - Der bisherige Vorstandsvorsitzende des Rüsselsheimer Autobauers Opel, Karl-Thomas Neumann, wirft hin. Zwar will der 56-jährige noch den Übergang der General-Motors-Tochter auf den französischen PSA-Konzern, zu dem Peugeot und Citroën gehören, als Vorstandsmitglied begleiten, die Chefrolle bei Opel aber übernimmt mit sofortiger Wirkung der Finanzchef Michael Lohscheller.

Neumann und Lohscheller kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei Volkswagen in den USA. Schon in den vergangenen Tagen war durchgesickert, dass Neumann nicht die Rolle des deutschen Statthalters für den französischen Konzern übernehmen wolle. PSA-Chef Carlos Tavares hat den Deutschen und den amerikanischen Eigentümern GM zwar zugesichert, dass sich nichts Grundlegendes ändern werde, man sich an die Beschäftigungszusicherungen halten wolle und man gemeinsam mehr Marktanteile weltweit erobern werde. Doch offenbar hat Neumann Zweifel an diesen Zusagen – oder andere Perspektiven. Neumann gab seinen Entschluss auf einer Aufsichtsratssitzung bekannt und twitterte anschließend: „Glückwunsch Michael Lohscheller!“

Neumann werde der Geschäftsführung bis zum Abschluss des Verkaufs von Opel an den französischen Autokonzern PSA angehören, erklärte der Rüsselsheimer Konzern. Je nachdem, wie schnell die Kartellbehörden zusagen, ist mit dem Zusammengehen der beiden Unternehmen im Herbst oder Ende des Jahres zu rechnen.

Neumann führte die mit Verlusten kämpfende GM-Tochter seit 2013. Dabei polierte er das Image der früher als angestaubt geltenden Marke auf und steigerte die Verkaufszahlen. Sein Ziel, Opel dauerhaft zurück in die schwarzen Zahlen zu bringen, erreichte er jedoch nicht. Neumann führte das vor allem auf widrige äußere Umstände wie die Russland-Krise, die Opel zum Rückzug aus diesem Markt veranlasste, oder dem Brexit zurück. Das Votum der Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union hatte der britischen Schwestermarke Vauxhall erhebliche Wechselkursverluste beschwert. Dennoch galt sein Verhältnis zu GM-Chefin Mary Barra als ungetrübt

Im Frühjahr hatte der US-Autobauer GM dann – auch für Neumann überraschend – bekannt gegeben, die schwächelnde deutsch-britische Tochter an den Peugeot-Bauer PSA zu verkaufen. PSA-Chef Carlos Tavares setzte Opel zum Ziel, mit einer Rendite von zwei Prozent bis 2020 profitabel zu werden. „Ich bin enthusiastisch darüber, zur Wiedergeburt von Opel als nachhaltigem deutschen Unternehmen in der PSA-Gruppe beizutragen“, erklärte er zum Wechsel an der Opel-Spitze. Mit Lohscheller komme er besonders gut aus. Neumann erklärte, für ihn sei es eine schwierige, persönliche Entscheidung gewesen, Opel zu verlassen. Nach dem Abschluss des Verkaufs wolle er sich die Zeit nehmen, über seine nächsten Schritte zu entscheiden. Opel erklärte weiter, mit dem Wechsel zu Lohscheller werde im Geschäft Kontinuität und ein nahtloser Übergang an PSA gesichert. Opel-Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug begrüßte, dass mit Lohscheller ein Nachfolger aus der bisherigen Führungsriege gefunden wurde. „Wir werden den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen und als Teil der PSA-Gruppe weiter an Schlagkraft gewinnen“, erklärte Lohscheller. Schließlich entstehe zusammen mit PSA ein europäischer Champion.

PSA-Chef Tavares hatte Sorgen über Arbeitsplatzabbau bei Opel mit dem Versprechen gedämpft, alle bestehenden Zusagen zu Standorten und Stellen bis Ende 2018 einzuhalten. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am Montag erklärte er jedoch, für die Zeit danach könne er keine Garantien geben, wenn Opel weiter Verlust machen sollte. „Da muss man offen und ehrlich sein: Das einzige, was Mitarbeiter schützt, ist Gewinn“, sagte Tavares. Den Wechsel aus der Verlustzone hatte der Portugiese bei PSA mit drastischen Maßnahmen erreicht. Nun hofft er, dass man gemeinsam mit Opel nicht sparen muss, sondern mehr Autos verkaufen kann. Dazu soll der bisherigen GM-Tochter auch der Markteintritt in Länder ermöglicht werden, die unter den Amerikanern tabu waren, etwa China. Für Neumann allerdings ist noch wichtiger, dass der Konzern die Entwicklung in Richtung Elektromobilität stärker als bisher vorantreibt, was bei den Franzosen derzeit noch nicht ganz oben auf der Liste steht. Der Opel-Chef hatte schon bei den Amerikanern dafür geworben, den deutschen Ableger zu einer reinen Elektromarke umzubauen, spätestens 2030 sollte jeder Opel elektrisch von den Bändern rollen. Derzeit steht das Programm still, heißt es in Rüsselsheim.