Mit dem Gebäude Böblinger Straße 361 befassen sich die Gerichte. Foto: Archiv Kratz

Das Verwaltungsgericht weist die Klage zurück. Die Eigentümer sind damit nicht zufrieden und streben weiterhin einen Neubau auf ihrem Grundstück an.

Kaltental - Drei Wochen haben die Richter gebraucht, um eine Entscheidung zu fällen. Die ist freilich gar nicht nach dem Geschmack einer Eigentümergemeinschaft, der das Wohnhaus samt mehrerer Nebengebäude an der Böblinger Straße 361 gehört. Das Verwaltungsgericht hat einen Neubau an dieser Stelle abgelehnt.

Die Besitzer wollen auf dem Grundstück am Ortsrand Kaltentals ein neues Gebäude mit Tiefgarage errichten. Die Stadt hat aber ihr Veto eingelegt und verweist darauf, dass ein Bebauungsplan aus der Nazi-Zeit dort eine Bauverbotszone vorsieht. Die Eigentümer legten Widerspruch beim Regierungspräsidium (RP) ein. Doch die Behörde bestätigte die Auffassung der Kommune, die Besitzer zogen daher vor Gericht. Dass bei der Verhandlung am 13. März nicht gleich ein Urteil gefällt wurde, lag vor allem an der Argumentation des von der Eigentümergemeinschaft beauftragten Rechtsanwalts. Thomas Schönfeld gab sich gar nicht groß mit Spitzfindigkeiten ab, sondern stellte generell den aus dem Jahr 1935 stammenden und noch heute gültigen Bebauungsplan in Frage. Dieser Plan hatte einen Vorgänger aus dem Jahr 1929, der ein Baufeld exakt an der Stelle zuließ, wo sich heute das Haus Böblinger Straße 361 befindet. Schönfeld zweifelt an, dass der 1935er-Plan rechtmäßig zustande gekommen ist, da er von einem Technischen Beirat beraten und vom Oberbürgermeister beschlossen worden war. Die Württembergische Bauordnung aus dem Jahr 1910, so die Argumentation, habe aber auch 1935 noch Gültigkeit gehabt. Sie sieht ausdrücklich vor, dass der Gemeinderat Bebauungspläne beschließt.

Rechtsanwalt überzeugt Argumentation nicht

Die Richter zogen nun freilich einen anderen Schluss. Für sie besteht kein Zweifel daran, dass der Ortsbauplan und der dazugehörige Baustaffelplan rechtsgültig übergeleitet worden sind. In der Begründung heißt es dazu auch: „Verfahrensfehler bei der Aufstellung des Stadtbauplanes Nr. 1935/63, die dessen Ungültigkeit begründen könnten, sind ebenfalls nicht erkennbar.“ Für die Richter steht fest, dass 1935 nicht mehr der Gemeinderat, sondern der OB zuständig war, weil 1935 die Deutsche Gemeindeordnung in Kraft getreten ist. Sie diente dazu, dass Führerprinzip zu verwirklichen. Die Ausweisung der Bauverbotsfläche sei vielmehr dem Schutz des Bachufers geschuldet. Hinter dem Haus verläuft nämlich der Nesenbach.

Schönfeld überzeugt diese Argumentation nicht. Zwar seien die Kompetenzen in den Kommunen durch die Gemeindeordnung neu geregelt worden. „Auch danach aber blieben Gemeinderäte bestehen und hatten Aufgaben und Kompetenzen.“ Nach wie vor sieht der Rechtsanwalt „handwerkliche Fehler“. Dass 1929 noch ein Baufeld vorgesehen war, 1935 aber nicht mehr, sieht Schönfeld ebenfalls kritisch: Die damals bereits vorhandene Bebauung sei „schlicht negiert“ worden: „Einen sachgerechten Interessenausgleich kann dieser Stadtbauplan niemals darstellen.“

Eigentümer lassen nicht locker

Seine Mandanten sehen dies ähnlich. Schönfeld hat daher den Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim gestellt. Dessen Richter müssen nun entscheiden, wie es mit dem Streit um das Bauverbot weitergeht. Der VGH hat sich bereits mehrfach mit Bebauungsplänen aus der Nazi-Zeit auseinandergesetzt. So hat man im Jahr 1993 entschieden, dass die Ortsbausatzung der Landeshauptstadt nicht allein deswegen unwirksam ist, weil sie während der NS-Zeit erlassen wurde. Schönfeld sieht da aber wenig Parallelen. Schließlich sei die Ortsbausatzung zumindest von einem Teil des Gemeinderats beschlossen worden: „Und nicht wie in unserem Fall vom Oberbürgermeister.“