Cornelia Strobel vor dem Taubenhaus in Nellingen. Foto: Tim Kirstein

Die Zahl der Tauben in Ostfildern soll verringert werden, die Stadtverwaltung hat dazu eine neue Strategie. Warum die illegale Fütterung alles schwieriger macht.

Ostfildern hat ein Taubenproblem. Vor allem in Nellingen und dem Scharnhauser Park beobachte die Stadtverwaltung seit ein paar Jahren größer werdende Taubenpopulationen, sagt Mark Cebulla, Leiter der Abteilung Ordnung, Recht und Verkehr der Stadt Ostfildern. „Es hat sich mittlerweile zu einem dauerhaften Problem entwickelt“, sagt er. Um dem Herr zu werden, hat die Stadt im Juli auf dem Dach des Parkhauses der Technischen Akademie Esslingen im Stadtteil Nellingen zwei Taubenhäuser aufgestellt. 

 

Die beiden Holzhäuschen auf dem obersten Parkdeck sind schwer zu übersehen. Der Standort ist nicht zufällig gewählt, denn das Parkhaus steht unweit des Nellinger „Tauben-Hotspots“. Dieser liegt im Bereich der Stadtbahn-Endhaltestelle, des Hallenbads und des Schulcampus. „Wir gehen davon aus, dass die Tauben dort einfach auf viel Futter stoßen“, sagt Cebulla.

Taubenkot sorgt für Unmut

Wo es reichlich Nahrung gibt, da lassen sich Tauben nieder, bauen Nester und vermehren sich. „Das führt dann zu den Taubenschwärmen und dem Taubenkot“, sagt Cebulla. Und gerade Letzterer sorgt in Nellingen für Unmut. Immer wieder gebe es Beschwerden von Anwohnern über verschmutzte Plätze und Gebäude, sagt Cebulla. Vor allem im Winter und im Frühjahr, wenn auf den umliegenden Feldern nichts zu holen sei, wachse die Population im Stadtgebiet an, erklärt er. Ein weiteres Problem betrifft die Tauben selbst. „Es geht auch nicht tiergerecht zu, wenn die Population zu groß wird“, sagt Cebulla.

Noch „Zimmer“ frei: das Taubenhaus in Nellingen auf dem Parkhaus an der Akademie Foto: Tim Kirstein

Die Taubenhäuser seien der Stadtverwaltung zügig als Methode in den Sinn gekommen, um die Anzahl der Tauben zu verringern. Ursprünglich sei lediglich ein Taubenschlag eingeplant gewesen, sagt Cebulla. „Aufgrund der Größe des Taubenschwarms wurde uns allerdings empfohlen, gleich beide Häuschen aufzustellen“, fügt er hinzu. Für das Projekt stellt die Stadt jährlich 10 000 Euro zur Verfügung.

Betreut werden die Taubenhäuser von Cornelia Strobel. Die Nellingerin ist schon lange beim Tierschutzverein Esslingen aktiv und hat „ein Herz für die, die von vielen nicht gemocht werden“. Im Moment kommt sie täglich auf das Parkdeck, denn die ersten Tauben sind bereits eingezogen. Es handelt sich um gerettete Jungtiere, die in einem der Schläge untergebracht wurden. Strobel sorgt dafür, dass sie frisches Wasser und Futter sowie eine saubere Umgebung im Taubenhaus haben.

Eier werden ausgetauscht

„Sobald im Schlag gebrütet wird, werde ich dann auch die Eier gegen Plastikeier austauschen“, sagt sie. Denn so soll auf lange Sicht hin die Population in Nellingen kontrolliert verringert werden. „Ein Mal pro Jahr sollte man ihnen allerdings ein Ei lassen, da die Tauben sonst den Standort für ungünstig halten könnten“, sagt Strobel. Ein weiterer Vorteil des Taubenschlags ist, dass der Großteil des Taubenkots hier und nicht mehr auf Gebäuden oder Plätzen landen werde. Sechs bis acht Wochen lang sollen die Jungtauben sich nun im Taubenhaus eingewöhnen, um danach als Lockvögel für weitere Tauben zu dienen.

Auch mit den örtlichen Tauben hat Strobel erste Erfolge. „Die Tauben im Bereich des Parkhauses fressen bereits im Taubenschlag“, sagt sie. Ob die älteren Tiere sich jemals dort ansiedeln werden, sei fraglich, doch gerade bei den Jungtieren sei es gut denkbar, so Strobel. Einmal im Taubenhaus sesshaft, würden die Tauben auch erst einmal dort bleiben. „Tauben sind sehr standorttreu“, erklärt Strobel. Im Moment ist diese Eigenschaft jedoch eher ein Hindernis, da die Vögel erst noch zu ihrem neuen Zuhause geführt werden müssen. Hierfür legt Strobel Futterspuren. Von der Stadt wurde sie eigens für diese Aufgabe mit einer Ausnahmegenehmigung ausgestattet.

Füttern ist das größtes Hindernis

Denn Taubenfüttern ist eigentlich strengstens verboten. Ein Verbot, an das sich leider nicht alle halten. Als sie erste Versuche unternommen habe, die Tauben mit Futter vom Hallenbad zum Parkhaus zu locken, habe sie feststellen müssen, dass es bereits zwei andere Futterstellen gab. „Die Leute, die die Tauben füttern, haben sicherlich alle die besten Absichten, aber jetzt da die Schläge hier sind, ist das total kontraproduktiv“, erklärt Strobel. Bekommen die Tauben an einem anderen Ort bereits regelmäßig Futter, gibt es für sie keinen Grund, umzuziehen. Auch bei der Stadt ist man sich dieses Problems bewusst. „Es ist ganz entscheidend für das Projekt, dass die Tauben nicht gefüttert werden“, sagt Cebulla.

Im kommenden Jahr soll auch der zweite „Tauben-Hotspot“ Ostfilderns, der Bereich um die Markthalle im Scharnhauser Park, angegangen werden. „Dort soll ein mobiler Taubenwagen aufgestellt werden“, erklärt Cebulla. So soll es in Ostfildern künftig durch kleinere Taubenschwärme sauberer und tiergerechter zugehen.

Bei der Nestwahl nicht wählerisch

Vorbild
Dass Taubenhäuser erfolgreich zu einer Verkleinerung der Taubenpopulation führen können, zeigt ein Blick nach Esslingen. Hier betreut Taubenwartin Gabriele Quade fünf Taubenschläge, allein von November 2023 bis November 2024 wurden über 1500 Eier ausgetauscht. Mithilfe der Taubenschläge konnte hier die unkontrollierte Vermehrung der Vögel eingedämmt werden.

Vermehrung
Grund für die rasante Vermehrung von Tauben ist, dass die Weibchen je nach Art bereits im Alter von einem halben Jahr geschlechtsreif sind und mehrmals im Jahr Eier legen können. Zudem sind Tauben bei der Nestwahl nicht wählerisch, gerade in städtischen Gebieten passen sie sich gut an und Nisten auf Fensterbrettern oder in Nischen zwischen Häusern.

Taubenkot
Im Taubenschlag bekommen Tauben artgerechtes Futter wie Körner oder Erbsen. Gerade in Städten würden Tauben jedoch meist das fressen, was sie finden, erklärt Strobel. Nahrung wie beispielsweise Brot mache den Taubenkot flüssiger und aggressiver, was die Verschmutzung erhöhe.