Mit einer Lupe hat Erz auf ein Holzbrett geschrieben, um die Kraft der Sonne zu zeigen. Foto: oh

Walter Erz aus Reichenbach hatte schon einen Solarkollektor auf dem Dach, als ihm sein Umfeld noch davon abgeraten hat. Jetzt hat er sich für den Ehrenamtspreis der Stiftung Kreissparkasse in Kooperation mit den Tageszeitungen im Landkreis Esslingen beworben. In der Hoffnung, dass sein Beispiel Schule macht.

Reichenbach - Beim Thema Nachhaltigkeit kann man auch noch im fortgeschrittenen Alter etwas dazulernen. Das jedenfalls findet Walter Erz aus Reichenbach. Darum hat er sich für den von der Stiftung der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen und der Eßlinger Zeitung ausgelobten Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ beworben. In der Hoffnung, dass sein Beispiel bei den Lesern Schule macht.

Nachhaltigkeit findet man im Haus von Walter Erz fast an jeder Ecke. Wohl am meisten erfreut ihn aber den zwölf Quadratmeter großen Solarkollektor, der seit rund 25 Jahren das Dach der Doppelhaushälfte ziert. Angefangen hat alles mit einem Volkshochschulkurs zum Thema Nutzung der Sonnenenergie, erinnert sich der 82-Jährige. Das „Klick“ in seinem Kopf hatte damals eine Anekdote ausgelöst, die der Kursleiter zum Besten gegeben hatte. „Da ging es um einen Flaschner, der in einem heißen Sommer an einem Kamin die Metallverwahrung reparieren solle“, sagt Erz. Der Handwerker sei mit der Hand gegen das Metall gekommen und habe sich beinahe die Finger verbrannt. „Im gleichen Moment fing die Ölheizung an zu feuern und der Flaschner musste die Abgase einatmen.“

Die Sonne zum Schreiben benutzt

Da habe es Erz nicht mehr eingeleuchtet, fossile Brennstoffe zu verfeuern, wenn auf den Häusern so viel Wärmeenergie zur Verfügung stehe. Einige Zeit habe es noch gedauert, die finanziellen Mittel anzusparen. „Ich war damals schon kein reicher Mann und konnte so eine Investition nicht einfach aus dem Ärmel schütteln“, sagt er.

Schließlich habe er sich aber wieder mit dem damaligen Vhs-Kursleiter in Verbindung gesetzt. „Wir haben dann zusammen die Anlage auf mein Dach gebaut.“ So einfach wie heute sei das noch nicht gewesen, sagt er. „Wir mussten noch einiges löten. Und meine Sportkameraden haben geholfen, das Ding aufs Dach zu ziehen.“ Für Walter Erz eine Offenbarung. „Ich habe mich gefreut wie ein Schneekönig, als ich das erste Mal geduscht habe und mir klar wurde, dass das Wasser nur noch von der Sonne erhitzt wurde.“ Und das ist heute noch so. Um die Kraft der Sonne zu demonstrieren, hat Erz sich einmal mit einer Leselupe in seinen Garten gesetzt und die Worte „Nutzung der Sonnenenergie seit 20.5.1995“ in ein Holzbrett gebrannt. „Das hat etwa eine halbe Stunde gedauert“, sagt er.

Die eigene Geschichte erhalten

Sein Hang zur Nachhaltigkeit kommt für Erz aus seinem Elternhaus. „Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen“, sagt er. Die Eltern waren Fabrikarbeiter und hatten zusätzlich noch eine kleine Landwirtschaft. Da habe er als Junge schon mitgeholfen. Dadurch sei er schon früh „geerdet“ gewesen.

Erz ist mit seinem E-Bike leidenschaftlich gern im Reichenbacher Tal oder auf dem Schurwald unterwegs. Dabei macht er immer wieder wertvolle Entdeckungen. Auf einer Wiese entdeckte er beispielsweise eine alte Mostpresse, die dort vor sich hin oxidierte. Kurzerhand spürte der gelernte Werkzeugbauer den Eigentümer auf, um ihm das alte Gerät abzukaufen. Heute ziert die Mostpresse den Vorgarten – auf Hochglanz poliert und mit zwei Blumenkübeln, die an einer Querstange am Gewinde hängen.

Die Geschichte seines Heimatortes ist dem gebürtigen Reichenbacher wichtig. Im ehemaligen Grenzgebiet zwischen Plochingen und Reichenbach stieß Erz oberhalb des Siegenberges in der Parzelle Steinegert einmal auf einen alten Grenzstein aus dem 16. Jahrhundert. Der war bei Forstarbeiten umgefahren worden. Mit Erlaubnis der Kommune steht dieser nun ebenfalls in Erz’ Reichenbacher Garten – bis sich vonseiten der Gemeinde ein geeigneter Ort dafür findet, so Erz.

Hoffen auf Nachahmer

Doch auch seine eigene Geschichte hat er sich in den Garten geholt. Als die Weberei, in der seine Eltern gearbeitet hatten, abgerissen wurde, erwarb er einen Teil der Ziegel und deckte damit eine Pergola, an der heute Wein wächst. „Die haben ein tolles Muster, da ist in der Mitte noch ein kleines Schiffchen – wahrscheinlich, damit der Schnee sich darauf nicht so sehr absetzt“, mutmaßt Erz. Und auch als für den Bau der B 10 der alte Reichenbacher Sportplatz weichen musste, war Erz zur Stelle, um mit den Steinen der ehemaligen Tribüne eine Natursteinmauer in seinem Garten zu errichten.

Walter Erz und seine Frau denken neben Kompostieren und dem Verzicht auf Flug- und Schiffsreisen auch über weitere Wege nach, den eigenen Fußabdruck zu minimieren. „Man könnte zum Beispiel auf das Auto verzichten“, überlegt er. Als sich das Ehepaar vor 25 Jahren „trotz innerfamiliärer Skepsis“ für die Solaranlage auf dem Dach entschied, bekamen sie noch von allen Seiten zu hören: „Das lohnt sich doch nicht“, erinnert sich Walter Erz. Aber für ihn steht fest: „Wenn sich damals mehr Leute dazu entschieden hätten, das zu machen, dann müssten jetzt nicht so viele Jugendliche auf die Straße gehen.“ Erz spielt damit auf die Fridays-for-Future-Bewegung an, die weltweit auf den Klimawandel hinweist und zum Handeln auffordert. Das sieht auch der Mann mit dem Reichenbacher Sonnenbach so: „Ich denke einfach, die Menschheit macht einen Schritt in eine bestimmte Richtung. Wenn das Pendel zu weit ausschlägt, schlägt’s zurück.“ Walter Erz hofft, dass er durch seine Teilnahme am Ehrenamtspreis andere Menschen bewegen kann, auch etwas für den Umweltschutz zu tun. „Oft sind es nämlich ganz einfache Sachen“, findet er.