Gesetzlich geregelt: Arbeitgeber müssen Feuerwehrleute bei Bedarf freistellen. Foto: dpa

Ehrenamt und Beruf unter einen Hut zu bringen ist mitunter schwierig. Das Land hat Arbeitgeber ausgezeichnet, die ihren Mitarbeitern helfen, diesen Spagat zu bewältigen.

Strohgäu - Das Ehrenamt hat in Baden-Württemberg einen hohen Stellenwert. Für viele Menschen ist es selbstverständlich, eine freiwillige Aufgabe zu übernehmen. Und doch klagen Vereine und Organisationen über Nachwuchssorgen – was häufig gestiegenen Anforderungen im Beruf und längeren Arbeitszeiten angelastet wird. 29 Arbeitgeber, die sich für die Vereinbarkeit eines Ehrenamts im Bevölkerungsschutz, bei Feuerwehr oder Hilfsorganisationen und dem Job stark machen, sind deshalb jetzt vom Land ausgezeichnet worden. Unter den Ausgezeichneten ist auch das Korntal-Münchinger Unternehmen Hugo Benzing.

Bei dem Hersteller von Sicherungselementen wird ehrenamtliches Engagement schon lange gewürdigt. Die Firma stellt Mitarbeiter für Weiterbildungen oder andere Aktionen frei. „Man kann immer vorsprechen“, sagt Jürgen Groß, der Leiter der Stanzerei, der seit 40 Jahren auch beim Roten Kreuz (DRK) wirkt. In seinen 30 Jahren in der Firma war Groß schon mehrfach mit dem DRK in Krisengebieten. Manchmal geht es aber auch nur um eine Aktion des Ortsvereins.

Feuerwehrkommandant – und stellvertretender Geschäftsführer

Auch das Autohaus Weller in Bietigheim-Bissingen darf sich „ehrenamtsfreundlicher Arbeitgeber“ nennen. Bei der Firma sind freiwillige Feuerwehrleute tätig. Deren Kommandant Frank Wallesch ist stellvertretender Geschäftsleiter des Autohauses – und könnte die Feuerwehr-Aufgabe ohne das Entgegenkommen seiner Firma nicht ausüben. Neben dem Job kümmert er sich um die Verwaltung der Feuerwehr, dafür werden Überstunden verrechnet. Ohne diese Regelung, sagt Wallesch, „wäre das Engagement völlig unmöglich“.

Gefördert wird das Ehrenamt auch bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Unter anderem durch Freistellungen werden ehrenamtlich tätige Mitarbeiter unterstützt. In welchem Bereich die Mitarbeiter engagiert sind, ist dabei laut dem Pressesprecher Ulrich Unger unerheblich. Das Kreditinstitut stellt zudem pro Jahr 50 000 Euro zur Verfügung – 100 Ehrenamtler können den Spendenzweck bestimmen.

Für viele Firmen scheint das Entgegenkommen Ehrensache zu sein. „Wir müssen die Mitarbeiter unterstützen, wenn sie sich schon engagieren“, sagt Stefan Hofstetter, Personalleiter bei Hugo Benzing. Auch die Firmen profitierten, findet Frank Knödler. Der Präsident des Landesfeuerwehrverbands und Chef der Stuttgarter Feuerwehr spricht von einer „Win-Win-Situation“: „Leute, die unter Stress bei der Feuerwehr bestehen, tun das auch im Betrieb.“

Freistellung ist gesetzliche Pflicht bei Feuerwehrleuten

Die Ausfälle der ehrenamtlich tätigen Kollegen reißen aber manchmal ein Loch in den Dienstplan. „Das ist immer schwer“, sagt Stefan Hofstetter von Hugo Benzing, „aber hier bricht kein Chaos aus, weil jemand mal ein paar Tage fehlt.“ Das Entgegenkommen seiner Firma ist freiwillig. Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr allerdings müssen freigestellt werden, für Einsätze, Aus- und Fortbildung. Trotzdem ist es für viele nach Ansicht von Frank Knödler „schwierig“. Es komme vor, dass es im Betrieb deswegen Schwierigkeiten gebe. Ein gutes Klima zwischen Feuerwehr und Arbeitgebern sei wichtig, sagt der Präsident des Landesfeuerwehrverbands, damit das System der Freiwilligen Feuerwehr funktioniere.

Nur acht Berufswehren gibt es im Land, die restlichen gut 1100 Kommunen sind auf freiwillige Wehrleute angewiesen. Die meisten Arbeitgeber, sagt der Bietigheim-Bissinger Feuerwehrkommandant Frank Wallesch, seien verständnisvoll. Mancherorts habe er aber auch Überzeugungsarbeit leisten müssen: „Es gab Sorgen, dass der Arbeitnehmer die halbe Woche fehlt.“ Seine eigene Doppeltätigkeit überzeuge aber.

Wie wichtig ein verständiger Chef ist, weiß auch Arnim Bauer. „Wir sind auf den guten Willen der Arbeitgeber angewiesen“, sagt der Pressereferent des Ludwigsburger DRK-Kreisverbands. Eine gesetzliche Regelung wie bei der Feuerwehr gibt es für DRK-Helfer nicht.

Insbesondere öffentliche Arbeitgeber, findet Knödler, sollten sich für das Ehrenamt einsetzen – etwa, indem Bauhof-Mitarbeiter auch bei der Feuerwehr sind. Das ist in Remseck der Fall: Acht Mitarbeiter der städtischen Einrichtung agieren auch bei der Feuerwehr. „Für die Stadt wirkt sich das sehr positiv aus“, teilt die Pressereferentin Gudrun Fretwurst mit. Die Tagesverfügbarkeit der Feuerwehr sei hoch – und eine Berufswehr nicht nötig.