Die Kommunikation via Netz mit der Heimat ist für Flüchtlinge wichtig. Foto: dpa

Die Bewohner des Flüchtlingsheims in der Böblinger Straße können kostenlos im Netz surfen. Zu verdanken haben sie dies dem Freundeskreis Süd, der den Anbietervertrag über Spenden finanziert. Für die Sicherheit sorgt ein Anschluss über den Verein Freifunk.

S-Süd - Das erste, was sich Flüchtlinge in ihrem neuen Land besorgen, ist eine Prepaid-Karte fürs Handy. Das ist Reinhard Otter vom Freundeskreis Süd aufgefallen. Der Kontakt in die alte Heimat sei für die Asylbewerber so essenziell, dass sie im nächstbesten Shop schnell irgendeine Datenkarte kaufen – und viel zu viel Geld dafür ausgeben.

Über Spenden finanziert der Freundeskreis den Anschluss

Die Flüchtlinge in der Unterkunft an der Böblinger Straße 18 gehören zu den ersten in Stuttgart, die via Wlan eine direkte Verbindung zu ihren Familien im Ausland haben. Zu verdanken haben sie dies nicht etwa der Stadt Stuttgart, sondern dem Engagement des Freundeskreises Süd und dem Verein Freifunk Stuttgart. Die knapp 100 Euro für die Router und die monatliche Gebühr von 30 Euro für einen Zeitraum von zwei Jahren hat der Freundeskreis über Spenden finanziert.

Der Vertrag mit dem Internetprovider läuft ebenfalls auf ein Mitglied des Freundeskreises. Gido Krause hat die Verantwortung als Privatperson übernommen. Die Stadt habe diese aus „nachvollziehbaren Gründen“ nicht übernehmen wollen, sagt Reinhard Otter.

Die Stadt will kein Risiko eingehen

Das Sozialamt begründet dies mit der sogenannten Störerhaftung, die im deutschen Telemediengesetz verankert ist. Nach der derzeitigen Gesetzeslage würde die Stadt Stuttgart haftbar gemacht, wenn ein Nutzer den Internetanschluss für rechtswidrige Aktivitäten nutzt, sagt Daniel Benneweg. „Die Stadt kann sich diesem Risiko nicht aussetzen“, ergänzt der stellvertretende Sachgebietsleiter des Bereichs Informations- und Kommunikationstechnik beim Sozialamt. Solange sich an der gesetzlichen Grundlage nichts ändere, könne das Amt deshalb auch in Zukunft kein W-Lan-Anschluss in den Unterkünften zur Verfügung stellen.

Das war natürlich ein Punkt, den Otter und Krause klären mussten. Sie haben sich deshalb an den Verein Freifunk Stuttgart gewandt. Die Freifunker setzen sich in ganz Deutschland für offene Wlan-Netze ein, nicht nur in Flüchtlingsunterkünften. In der Böblinger Straße 18 steht deshalb seit Mitte Juni auch ein Freifunk-Router. Über einen VPN-Tunnel schickt der die Daten zunächst an den Internetprovider, von dort aus werden sie ins Internet weitergeleitet. Die VPN-Anbieter von Freifunk sitzen zum Beispiel in Holland oder in der Schweiz. „Wenn jemand dann ein offenes Wlan benutzt, erscheint nicht die IP-Adresse des Anschlussinhabers, sondern zum Beispiel die IP vom Anschluss im Ausland “, erklärt Christoph Altrock, Schatzmeister bei den Stuttgarter Freifunkern.

Die rechtliche Lage werde so umgangen, sagt Altrock. Denn: das Gesetz in der Form gibt es in erster Linie in Deutschland. Streng genommen bewegt sich der Verein in einer rechtlichen Grauzone. Zu befürchten habe man aber laut Altrock nichts. Bestehende Gerichtsurteile seien zu Gunsten der Freifunker entschieden worden. Freifunk speichert zwar keine Daten, Vorfälle im strafrechtlich relevanten Bereich habe es in Stuttgart aber bisher auch nicht gegeben. „Wir haben auch absolut kein Interesse daran, so etwas zu unterstützen“, sagt Christoph Altrock.

Das Sozialamt wollte zwar die Verantwortung nicht übernehmen, hat aber die Anfrage von Otter und Krause genehmigt. Seitdem ist der Gemeinschaftsraum in der Böblinger Straße ein beliebter Aufenthaltsort. „Es ist immer jemand da und am Surfen“, sagt Otter. Bis 22 Uhr können die Flüchtlinge per Whatsapp, Skype oder Viper in die Heimat kommunizieren. Die teuren Prepaid-Karten können sie sich sparen.