Betreut und begleitet an die hundert Kinder: Regina Klinnert Foto: factum/Granville

Sie hat nie in ihrem Beruf als Lehrerin gearbeitet – und trotzdem ist Renate Klinnert von der Realschule in Korntal-Münchingen nicht wegzudenken. Als ehrenamtliche Lehrerin und Hausaufgabenbetreuerin ist sie für viele Kinder eine Heldin. Das hat die Stadt jetzt gewürdigt.

Korntal-Münchingen - Als der Brief mit der Benachrichtigung über den Ehrenamtspreis der Stadt Korntal-Münchingen bei Regina Klinnert eintrifft, ist diese ganz überrascht. „Oh Schreck, ich will nicht auf der Bühne stehen“, sei ihr erster Gedanke gewesen. Dann hat die 57-Jährige jedoch noch einmal darüber nachgedacht, und entschieden, dass sie die Auszeichnung nicht ausschlagen könne. „So erfahren die Bürger etwas über uns Ehrenamtliche. An meiner Stelle hätte auch jeder andere sein können“, zeigt sich Klinnert bescheiden. Dabei summieren sich ihre ehrenamtlichen Einsätze für Kinder schon fast zu einem Vollzeitjob.

Die Lehrerin betreut seit über 20 Jahren Kinder in der Schule und in deren Freizeit. Ihr Augenmerk hat sie dabei speziell auf Kinder mit Migrationshintergrund. „Die brauchen meine Unterstützung besonders“, sagt sie. Nach ihrem Referendariat in den 1980er Jahren, als es mehr Lehrer als Stellen gab, fand Klinnert keine Anstellung in ihrem Beruf als Gymnasiallehrerin für Deutsch und Französisch. Sie beschloss erst einmal eine Familie zu gründen und sich um ihre beiden Söhne zu kümmern. Solange ihre heute 21 und 28 Jahre alten Söhne im Kindergarten und in der Schule waren, engagierte sich Klinnert im Elternbeirat. „Ich komme auf insgesamt 22 Jahre in den verschiedenen Beiräten“, sagt sie.

„Im Alltag verstecken Kinder ihren Migrationshintergrund oft“

Auch die Treffen der Mutter-Kind-Gruppe der Brüdergemeinde gestaltete sie zehn Jahre lang mit. 2009, als die Realschule in Korntal-Münchingen zur Ganztagsschule umgewandelt wurde, habe die Schule ehrenamtliche Helfer für die Ganztagsbetreuung gesucht. „Da habe ich mich dann für die Hausaufgabenbetreuung gemeldet, weil ich ja Lehrerin bin“, sagt die gebürtige Wolfsburgerin, die seit 1986 mit ihrem Mann und den beiden Söhnen in Korntal-Münchingen wohnt.

Da sie gemerkt habe, dass vor allem die Kinder mit Migrationshintergrund eine intensivere Betreuung benötigen, hat sie einen Kurs zur Integrationsbegleiterin gemacht. Für ihr Abschlussprojekt hat sie mit in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern einen speziellen Deutschunterricht gestaltet. „Ich wollte ihnen damit zeigen, welcher Schatz es ist, zweisprachig und mit zwei Kulturen aufzuwachsen. Denn im Alltag verstecken die Kinder ihren Migrationshintergrund oft“, sagt Klinnert in der ihr eigenen, bedächtigen Art. Danach sei sie von der Schulleitung angesprochen worden, ob sie nicht eine Vorbereitungsklasse für Flüchtlingskinder an der Realschule in Korntal-Münchingen unterrichten möchte. Seitdem steht auch der Schulunterricht für sie auf dem Programm. Freitagnachmittags betreut Klinnert außerdem den Kindertreff Kunterbunt im Gemeindezentrum der Brüdergemeinde. Und seit Oktober vertritt sie die Sparte Kinder und Jugendliche im Freundeskreis Asyl und kümmert sich um neu angekommene Flüchtlingskinder.

Die Kinder sind Klinnert für ihr Engagement dankbar

Das ist Klinnert allerdings noch nicht genug. Bei sich zu Hause gibt sie auch Nachhilfeunterricht für einzelne Schüler. Natürlich in Deutsch und in Französisch. „Kinder sind einfach mein Lebensthema“, sagt sie. Nach der Geburt ihres ersten Sohnes habe sie darüber nachgedacht, in den Schuldienst einzusteigen. Aber dann habe sich Sohn Nummer zwei angemeldet und sie beschloss, weiter als Mutter und Ehrenamtliche zu agieren. „Damit konnte ich mir immer eine gewissen Flexibilität und Unabhängigkeit bewahren“, sagt Klinnert.

An die hundert Kinder betreut und begleitet die Lehrerin durch ihre Tätigkeiten. Gefragt nach ihrem Motiv beruft sich Klinnert auf die Bibel und die christlichen Werte. Gott lieben bedeute für sie auch ihren Nächsten und den Fremden lieben. „Das hat Gott mir so ins Herz gelegt“, sagt die gläubige Christin. Außerdem zeigten sich die Kinder ihr gegenüber sehr dankbar. Egal ob die aus der Vorbereitungsklasse oder der Hausaufgabenbetreuung. Wie zum Beweis zeigt Klinnert einen bunten, bemalten Papierbogen den die Schüler aus der Hausaufgabenbetreuung für sie geschrieben haben: „Sie sind nett, lustig und intelligent. Sie sind sehr beliebt und wir haben sie lieb. Sie sind hübsch und cool.“

Ehrenamtspreis der Stadt

Der Preis
Seit 2009 verleiht die Stadt jährlich an bis zu 15 Einzelpersonen eine Ehrenamtsnadel. Gewürdigt werden Verdienste aus dem sozialen Leben, Sport, Kultur, Umwelt, nachhaltige Entwicklung sowie „lebendige Gesellschaft“. Die Preisträger werden von den Bürgern vorgeschlagen und vom Gemeinderat ausgewählt.

Die Preisträger
Neben Regina Klinnert wurden 2018 zwei weitere Frauen mit dem Ehrenamtspreis Korntal-Münchingens bedacht. Anneliese Hauffe engagiert sich seit 41 Jahren im Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt in Münchingen. Elke Pokorny ist seit über zehn Jahren ehrenamtlich an der Realschule Korntal-Münchingen aktiv. Dafür wurden die beiden ausgezeichnet.