Die Geschäftsergebnisse der beiden großen Firmen lassen zu wünschen übrig – in die Gemeindekasse kommt nun weniger Geld. Foto: factum/Granville

Die Gemeinde rechnet im nächsten Jahr mit Einnahmen von fünf Millionen Euro – das sind rund vier Millionen Euro weniger als dieses Jahr. Schuld ist vor allem der Umsatzschwund des IBM-Konzerns.

Ehningen - Der „Ehninger Standard“ kann nicht länger aufrechterhalten werden. Es stehen vor allem Kürzungen bei den Ausgaben an: in der Verwaltung, beim Straßenbau, beim Unterhalt von Gebäuden und nicht zuletzt auch in den Kindertagesstätten. „Wir müssen den Gürtel enger schnallen“, verkündete der Bürgermeister

Claus Unger bei der Einbringung des Etatentwurfs für das nächste Jahr. Der Grund sind geringere Einnahmen bei der Gewerbesteuer, die vor allem auf die schlechten Geschäftsergebnisse des IBM-Konzerns zurückzuführen sind, der seit dem Jahr 2009 seine Deutschlandzentrale in Ehningen unterhält. Und auch der zweite potente Gewerbesteuerzahler schwächelt zurzeit etwas: die unweit von IBM ansässige Technikentwicklungsfirma Bertrandt.

„Das hat wohl mit dem internationalen Geschäft zu tun“, meint Claus Unger. Mehr will er dazu nicht sagen. Im vergangenen Jahr konnte Ehningen noch 12,4 Millionen Euro Gewerbesteuer verbuchen. In diesem Jahr rechnet Unger mit acht bis neun Millionen Euro: „Im nächsten Jahr erwarten wir nur noch fünf Millionen Euro. Wir müssen also rund vier Millionen Euro aus dem Haushalt herausschwitzen.“

Der Rotstift soll an den Sachkosten angesetzt werden

An diesem Samstag gehen die Gemeinderatsfraktionen deshalb in eine Klausurtagung. Unger schlägt vor, bei sämtlichen Sachkosten den Rotstift anzusetzen. „Überall 20 Prozent weniger, das würde uns schon sehr helfen“, sagt Unger. Sparsames Wirtschaften sei angesagt, um den Haushalt schultern zu können, der bisher auf 44,9 Millionen Euro taxiert wird.

Das Loch in der Gemeindekasse ereilt die Gemeinde zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die Friedrich-Kammerer-Schule braucht als Gemeinschaftsschule weitere Klassenzimmer und erhält einen Neubau für 11,3 Millionen Euro. Außerdem soll der Altbau aus den 1960er Jahren saniert werden, die Kosten stehen noch nicht fest. Die Gemeinde muss dafür aber im nächsten Jahr fünf Millionen Euro an Krediten aufnehmen. „Da müssen wird durch“, sagt Unger. Bis Ende nächsten Jahres plant er bisher mit einem Schuldenstand von insgesamt fast 20 Millionen Euro. Pro Kopf steht die Gemeinde dann mit 2268 Euro in der Kreide. Zudem sollen die Rücklagen angegriffen werden und bis Ende nächsten Jahres von 4,8 Millionen Euro auf 1,2 Millionen Euro schrumpfen.

Eine neue Stadtbücherei für 2,2 Millionen Euro

Auch für die neue Stadtbibliothek werden wohl etwas mehr als 2,2 Millionen Euro fällig. Das schmucke Gebäude wurde jüngst eingeweiht. „Wir gehen an unsere Schmerzgrenze“, erklärt Unger, der nun hofft, dass die Kommunalpolitiker zu den geplanten Abstrichen bereit sind. „Wir können bei unseren Materialausgaben sparen“, erklärt der Schultes, „dazu gehören zum Beispiel leider auch Bastelutensilien in den Kitas.“

Trotzdem will die Rathausspitze etwa auch an dem Ausbau der Kindertagesstätte in der Moltkestraße festhalten. Für 1,2 Millionen Euro soll ein Anbau für zwei weitere Kleinkindgruppen errichtet werden. „Wir haben dort für derzeit 72 Plätze 8,3 Vollzeitstellen“, sagt Ruth Nellessen, die Kita-Sachgebietsleiterin. Gemäß des Landesjugendplans müssten nur sieben Betreuerinnen in Vollzeit arbeiten. Der Schlüssel werde auch in den anderen Kitas übererfüllt, erklärt Ruth Nellessen. 90 Erzieherinnen in Voll- und Teilzeit verursachen jährlich 4,4 Millionen Euro Kosten. Unger möchte niemanden entlassen und am liebsten an diesem Standard festhalten.

Vor allem, weil er noch mehr junge Familien nach Ehningen locken möchte. Vor einiger Zeit wurden noch 70 Kinder jährlich in der Gemeinde geboren, inzwischen erblicken im Jahr 100 Kinder das Licht der Welt. Knapp 9000 Einwohner zählt die Gemeinde momentan, bald schon sollen es 9500 sein. Ob an der Steuer- und Gebührenschraube gedreht wird, auch das wird auf der Klausurtagung ein Thema sein. Die Gemeinde leistet sich seit nicht allzu langer Zeit eine zweite Sporthalle, die für 6,5 Millionen Euro gebaut wurde – die Nutzung ist für die Vereine bisher kostenlos. „Vielleicht“, so hofft Unger, „entspannt sich die Lage schon bald wieder.“