Das grüne Männchen muss gehen. Foto: Bäßler

Die Stadt Ehingen muss eine Mainzelmännchen-Ampel abbauen. Was in anderen Bundesländern überhaupt kein Problem ist, geht in Baden-Württemberg noch lange nicht. Wir sagen, warum.

Ehingen/Donau - Den Straßenverkehr verlustigen – das haben sie sich so gedacht in der Stadt Ehingen (Alb-Donau-Kreis). Dort, in der Spitalstraße nahe der Innenstadt, die von einem offiziellen Schulweg gekreuzt wird, hat das Rathaus erst zwei frühere Fußgängerüberwege durch eine Ampelanlage ersetzt. Und diese neue Ampel dann nicht mit den obligaten grünen und roten Fußgängersymbolen versehen, sondern mit lustigen Mainzelmännchen, die mal gehen oder eben stehen. „Die Schülerinnen und Schüler haben es gut angenommen“, sagt eine Sprecherin der Stadt.

Die Ehinger waren sich ihrer Eigenmächtigkeit offensichtlich nicht bewusst. Von der Mainzelmännchenampel daselbst in Mainz hatten sie offenbar gehört – und geglaubt, so etwas ginge auch im Schwäbischen. Womöglich hatten sie auch von den „Vielfaltampeln“ wie in Hamburg gehört, die gleichgeschlechtliche Paare zeigen – ein Signal für mehr Toleranz, Offenheit und Akzeptanz. Oder von der Kasperl-Ampel in Augsburg, das der bekannten Marionettenfigur der Augsburger Puppenkiste abgeguckt wurde.

Stuttgart verbietet Äffle-und-Pferdle-Ampel

Unmöglich aber können die Ehinger sich über jene Vorgänge informiert haben, die seit Anfang des Jahres in Stuttgart spielten und die ganze Trockenheit schwäbischer Verkehrsbürokratie offenlegten. In der Landeshauptstadt forderten bekanntlich tausende Zeichentrick-Enthusiasten per Petition Deutschlands erste und einzige Äffle-und-Pferdle-Fußgängerampel. Der schöne Plan zerschellte am Veto des Stuttgarter Ordnungsbürgermeisters und der hinter ihm stehenden Verkehrsjuristen: Komme es zum Unfall, könne die Kommune haftbar gemacht werden, so lautete die Begründung.

So ähnlich haben das auch die Ehinger mitgeteilt bekommen, und zwar schwarz auf weiß. Das Regierungspräsidium Tübingen schickte Post und forderte, die Mainzelmännchenampel unverzüglich wieder zu entfernen. Ein ernstes Thema, ein deutsches Thema, das zeigt der Wortlaut: „Nach der Straßenverkehrsordnung müssen Lichtzeichenanlagen für Fußgänger das rote Sinnbild eines stehenden und das grüne Bild eines schreitenden Fußgängers zeigen“, heißt es. Die „Richtlinien für Lichtsignalanlagen“ zeigten verbindlich, „wie die Signalbilder auszusehen haben“. Und für den Fall, dass irgendjemand im Ehinger Rathaus immer noch nicht versteht: „Es wird darauf hingewiesen, dass Verkehrsteilnehmer nur die verbindlich festgelegten Verkehrszeichen beachten müssen. Nicht verbindlich festgelegte Zeichen und Sinnbilder sind keine Verkehrszeichen. Sie müssen nicht beachtet und können auch nicht angeordnet werden.“

Eine Ampel als pure Anarchie?

Übersetzt heißt das: Mainzelmännchenampeln sind die pure Anarchie. Aber warum lassen dann die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Bayern oder Hamburg solche Ausnahmen zu? Um solche Fragen kümmere man sich nicht, bescheidet ein Sprecher des Regierungspräsidiums. „Uns ist nicht bekannt, auf welcher Rechtsgrundlage das in anderen Bundesländern behandelt wird.“ Ob Spaß im Straßenverkehr etwas zu suchen hat, sei letztlich auch eine „gesellschaftliche Frage“. Im übrigen sei der Hinweis auf die illegalen Mainzelmännchen von ganz oben aus dem Verkehrsministerium gekommen. Das Regierungspräsidium vollziehe lediglich eine Anordnung.

So muss denn die Ampel wieder weg. Genauer gesagt müssen die Lichtschablonen ausgetauscht werden. Sie sind bestellt, sagt die Rathaussprecherin, wohl Anfang nächsten Jahres könne umgerüstet werden. Kein Kostenthema also, auch kein Menschenrechtsthema. Aber allemal ein betrüblicher Erzählstoff: Sogar die Bayern erweisen sich humorvoller als die Schwaben. Das muss erst verdaut werden.