Chrystina und Lucas (oben, Mitte) haben schon Nachwuchs und bereiten sich trotzdem auf die Ehe vor. Dabei kommt der Spaß nicht zu kurz. Foto: Lichtgut / Ferdinando Iannone

Die katholische Kirche bietet künftigen Ehepaaren an, sich im Hochseilgarten auf gemeinsame Herausforderungen vorzubereiten. Bei den Teilnehmern kommt das gut an.

Stuttgart - Ohne Vorbereitung geht gar nichts. Schon gar nicht im Hochseilgarten. Helme, Klettergeschirr, die richtigen Schuhe. Dann die Prüfung, ob alles sitzt. Körperspannung, ein klarer Kopf, Konzentration auf das, was es zu bewältigen gilt. Vorbereitung und die richtige Einstellung sind die Basis. Dafür, dass alles gut geht – und Freude macht. Für die sechs Paare, die sich in dem vom Caritasverband Stuttgart getragenen Aktivpark Bergheide, dem einstigen Waldheimgelände der katholischen Kirche, einfinden, gilt das auch für die Ehe. Einen ganzen Samstag lang machen sie „Ehevorbereitung im Hochseilgarten“, ein Angebot der katholischen Kirche.

 

Hoch hinaus geht es gleich zu Beginn. Allerdings nur zu ebener Erde und in spezifischer Weise: In einer Polonaise den Hang hinunter, mit verbundenen Augen, von den beiden Kursleitern angeführt. „Eine Übung im Vertrauen“, sagt Kristin Krüger-Weiß. „Wenn man über die Dinge, die eine dauerhafte Beziehung tragen und ausmachen, nicht nur spricht, sondern auch ein Erlebnis-Äquivalent hat, kommt man eher an die Knackpunkte ran. An das Positive, aber auch an Ängste und wie man damit umgehen kann.“

Raum schaffen im Trubel des Alltags

So haben sie den Morgen über Übungen in Kommunikation und Zusammenarbeit gemacht - und finden ihre Erwartungen bestätigt: „Diese Verbindung zwischen Theorie und Praxis, zwischen weltlichen und kirchlichen Dingen“ gefällt Michelle und Sebastian. Der Ehemann in spe hat gelernt, dass man „im Trubel des Alltags Raum schaffen muss für einen strukturierten Austausch“. Für das Paar aus dem Remstal ist die Ehe „eine bewusste Entscheidung dafür, dass nicht alles offen bleibt, dass man verbindlich für einander da ist“, sagt die 24-Jährige. Das Ja-Wort in der Kirche bedeute ihm, „dass uns Gottes Segen für die Ehe geschenkt wird“, erklärt Sebastian. Er sieht das Strahlen seiner Partnerin, worauf Michelle unterstreicht: „Schöner kann man das nicht sagen!“ Ihr gefällt auch, „dass die katholische Kirche so etwas Zeitgemäßes für unsere Generation anbietet“, und sie meint damit ausdrücklich auch die einschlägige App „Ehe. Wir heiraten“, von der sie sich Beide „Impulse für die Ehe“ holen.

Dass es jetzt gleich ans Klettern geht, sei „kein Test“. Sowieso sind die Paare hier keine frisch verliebten jungen Hüpfer auf Event-Tour, sondern im Schnitt gut Mitte Zwanzig. Chrystina aus New York und Lucas aus Marbach am Neckar haben bereits Nachwuchs. Dass es geregnet hat, das Klettern also unter erschwerten Bedingungen stattfindet, nimmt die New Yorkerin als zusätzliche Herausforderung: „Wenn schon Ehevorbereitung, dann ein bisschen abenteuerlich!“, lacht sie und fügt hinzu: „Wir wollen zusammen etwas erleben. Aber wir gehen sehr bewusst in die Ehe. Wir wissen, dass man immer daran arbeiten, dass man sich unterstützen muss. Und dafür geht es jetzt in den Hochseilgarten!“

Euphorie wird auf die Probe gestellt

Ihre Euphorie wird schnell auf die Probe gestellt, als sie in den weit auseinander liegenden Sprossen der Jakobsleiter hängt. Aber Lucas ist ein erfahrener Kletter und kommt ihr zu Hilfe. Bis in zehn Meter Höhe führt der Wipfelpfad. Wieder festen Boden unter den Füßen, resümierte die 31-jährige New Yorkerin „eine starke Erfahrung“: „Alleine geht es nicht, man kommt an Grenzen. Aber zusammen kann man es packen“, sagt sie. Speziell gelte das für die schmalen Brettchen ganz oben, „wo man sich zusammen über eine Lücke helfen und das Ganze stabilisieren muss“. Ähnlich ist es Michelle und Sebastian ergangen: „Das war teilweise sportlich, man durfte nicht zu sehr nach unten schauen“, berichtet Sebastian: „Aber es war schön zu erleben, dass wir es mit vereinten Kräften schaffen können.“ Ähnlich bringt Lucas die Sache auf den Punkt, auch die „Schnittmenge zwischen Ehe und Hochseilgarten“: „Zusammen Tiefen überwinden, gemeinsam Höhen erklimmen. So kann es gehen!“