Macht sich Gedanken über die WM: Thomas Hitzlsperger Foto: imago//Robin Rudel

Über die Fußball-WM in Katar wird weiter heftig diskutiert. Der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger äußert sich zu den anhaltenden Boykottforderungen.

Thomas Hitzlsperger (40) hält einen Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar jetzt nicht mehr für sinnvoll. „Die Stadien stehen, es ist alles hergerichtet und der Schaden, wie etwa die Todesopfer im Zusammenhang mit dem Bau der Stadien, nicht mehr zu reparieren“, sagte der ehemalige Vorstandschef des VfB Stuttgart in einem Interview mit „t-online.de“. „Wir sind an einem Punkt, an dem wir weiter Missstände ansprechen und daran appellieren müssen, dass es so, wie die WM zustande gekommen ist, nicht geht.“

Ein Boykott sei keine konstruktive Lösung mehr, befand Hitzlsperger, der von 2005 bis 2010 beim VfB Profi und später von 2016 bis 2022 im Vorstand war: „Wenn sich alle daran beteiligen würden: ok. Aber wenn sich Einzelne herausziehen würden, wäre das nicht zielführend. Damit wäre den Menschen, die massiven Schaden genommen haben, auch nicht mehr geholfen.“

Hitzlsperger war im Zusammenhang mit einer Dokumentation der ARD, für die er bei der WM als Experte arbeiten wird, in den Golfstaat gereist. „Ich war insgesamt fünf Tage in Doha und habe mit Menschen geredet, die dort leben. Es war ein kurzer Besuch, der mir einen guten Überblick darüber gegeben hat, wie das Alltagsleben aussieht“, erklärte Hitzlsperger.

Ein privater Besuch des reichen Landes, das vor allem wegen seines Umgangs mit den Menschenrechten schwer in der Kritik steht, wäre für den ehemaligen Nationalspieler, der 2007 mit dem VfB Meister wurde, nicht infrage gekommen. Angst habe er aber nicht gehabt, sagte Hitzlsperger.

Er hatte nach seiner Profi-Karriere seine Homosexualität öffentlich gemacht. In Katar ist Homosexualität verboten. „Wenn wir bei den Rechten von Homosexuellen davon reden, dass sich beispielsweise zwei Männer in der Öffentlichkeit ihre Zuneigung nicht zeigen dürfen, dürfen wir auch nicht unterschlagen, dass Mann und Frau das auch nicht dürfen“, sagte Hitzlsperger.

Hitzlsperger äußerte sich auch zur „One-Love“-Kapitänsbinde. „Dass Manuel Neuer in den vergangenen Jahren immer wieder die Regenbogenbinde getragen hat, ist erst einmal eine tolle Entwicklung. Zu meiner Zeit wäre das undenkbar gewesen“, betonte Hitzlsperger: „Ich glaube schon, dass diese Binde in Katar eine Provokation ausgelöst hätte – und die One-Love-Binde dies nicht tun wird.“