Eine Frau liebt eine andere Frau: Künftig dürfen sie eine Ehe eingehen. Foto: dpa

Die Kanzlerin hat ein drängendes Thema abgeräumt – und die SPD und die Opposition haben mit der Ehe für alle die Union angeblich vorgeführt: Es gab bei der Abstimmung am Freitag also nur Gewinner.

Stuttgart - Selbst die konservative Mehrheit in der Union – samt Angela Merkel – dürfte sich nach dieser Abstimmung im Bundestag als heimlicher Sieger fühlen, auch wenn sie nicht in ihrem Sinne ausgefallen ist: Stolz und aufrecht können sie damit werben, dass sie ja standhaft gegen die Homo-Ehe gestimmt hätten. Aber leider, leider war die parlamentarische Mehrheit nun einmal eine andere.

Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel wiederum kann sich an ihr Revers heften, dass sie aus Überzeugung oder Machtkalkül – das weiß nur sie selbst – ein drängendes Thema abgeräumt hat. Mit der Ehe für alle ist der SPD und der Opposition ein Wahlkampfthema abhanden gekommen – ob es nun ein zündendes gewesen wäre, das ist allerdings zweifelhaft. Gab es jemals die Strategie der Union, die Ehe für alle als ein leicht zu opferndes Faustpfand in anstehenden Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl herzugeben, dann ist die allerdings nicht aufgegangen.

Sowohl SPD, Grüne als auch FDP hatten die Ehe für alle bekanntlich als eine Bedingung für eine künftige Koalition genannt. Übrigens fühlen sich auch diese drei Parteien nun auf der Siegerseite: Die Sozialdemokraten, weil sie die Union quasi am Ende der Legislaturperiode noch einmal „vorgeführt“ haben, Liberale und Ökos, weil sie sich in der Sache durchgesetzt haben.

Die Sache selbst ist im Kern auch nicht zu beanstanden: Heterosexuelle und homosexuelle Paare werden im Eherecht nun gleichgestellt, letztere werden das Adoptionsrecht erhalten. Dass sie Kinder schlechter erziehen, als ein Paar aus Mann und Frau, ist nirgends bewiesen. Deutschland passt sich der modernen gesellschaftlichen Entwicklung in Europa an.