Polizei im Paradise: Am 30. November 2014 gab es eine Razzia im Bordell in Leinfelden-Echterdingen Foto: 7aktuell.de/Eyb

Ehrliche Prostitution und seriöse Erotikdienstleistung – dafür stand das Edelbordell Paradise im Süden Stuttgarts, das selbst VfB-Spieler überzeugte. Bis eine Razzia das Bild änderte. Nach sieben Monaten gibt es von Mittwoch an den ersten Gerichtsprozess.

Stuttgart - Die Drei auf der Anklagebank gelten eher als kleine Fische. Ihre Beteiligung ist überschaubar, die Vorwürfe sind für den Staatsanwalt eindeutig nachweisbar. Schon Ende März, wenige Monate nach der Verhaftung, hat die Behörde Anklage erhoben – wegen schweren Menschenhandels und Zuhälterei. Am Mittwoch beginnt bei der Zweiten Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts der Prozess gegen drei von 15 Beschuldigten in der Affäre um das Sex-Imperium des Bordellkönigs Jürgen Rudloff und sein Vorzeigeetablissement in Leinfelden-Echterdingen, südlich der Stuttgarter Stadtgrenze.

Auf der Anklagebank sitzt ein 21-Jähriger aus Stuttgart, ein junger Mann türkischer Abstammung, der als sogenannter Loverboy junge Frauen in die Prostitution gelockt haben soll. Zwei Deutsche und eine Schweizerin, 19, 20 und 21 Jahre alt. Sie wollten ihrem Geliebten aus vermeintlichen Geldnöten helfen, steckten in der Falle und wurden mit Drohungen und Gewalt zum Weitermachen gezwungen – so sieht es der Staatsanwalt. Nach seiner Überzeugung gehörten zwei Prostituierte zu den Aufpasserinnen – eine 25-jährige Bulgarin und eine Türkin, die am Dienstag ihren 27. Geburtstag im Gefängnis beging. Die Beschuldigten kamen bei der Razzia am 30. November 2014 hinter Gitter, als vier Bordelle in Echterdingen, Frankfurt, Saarbrücken und Graz gestürmt wurden.

Richter bekommen nun einen ersten Einblick in das Sex-Imperium. Wie viel die Angeklagten zur Aufklärung der Hintergründe im Paradise beitragen können, ist freilich ungewiss. Da gibt es zum einen den Verdacht, dass die Bande United Tribuns nicht nur für den Nachschub von Frauen im Rotlichtmilieu, sondern speziell auch für das Angebot im Sex-Paradies sorgt. Jene Gruppierung aus Bodybuildern, Kampfsportlern und Türstehern also, die sich zuletzt mit der inzwischen verbotenen kurdischen Straßenbande Red Legion im Großraum Stuttgart ein Scharmützel lieferte. Die Ermittler zählen den 21-jährigen Angeklagten aber eher zum Dunstkreis dieser Tribunen, nicht aber zu den Mitgliedern.

Die interessantesten Fragen um das Edelbordell Paradise sind nicht Sache der Jugendrichter. Noch immer laufen die Ermittlungen gegen den Eigentümer Rudloff, der seit vielen Jahren auch in Fernsehauftritten das Bild von der seriösen Erotikdienstleistung zeichnet. Und selbst VfB-Bundesligaspieler zu seiner Kundschaft zählen durfte.

Der Verdacht gegen Rudloff lautet auf gewerbsmäßigen Betrug. Geldgeber sollen unter Vortäuschen falscher Tatsachen verleitet worden sein, in die Großbordelle zu investieren. Und da sind noch seine beiden Statthalter, 48 und 49 Jahre alt, die verhaftet, dann aber gegen Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt worden waren.

Die Auswertungen sind freilich aufwendig, der Abschluss des Verfahrens noch nicht absehbar. „Die Ermittlungen laufen auf vollen Touren“, formuliert es Staatsanwaltssprecherin Claudia Krauth. Rudloff selbst hatte sich kurz nach der Razzia noch selbstbewusst in unserer Zeitung geäußert: Die Vorwürfe seien an den Haaren herbeigezogen, und kein einziger Investor habe sich darüber beklagt, dass er seine Rendite nicht bekommen hätte. „Es ist eine Frage der Zeit“, so Rudloff, „ bis das alles wegplatzt.“