Die SPD gerät in der Edathy-Affäre erneut unter Druck. Foto: dpa

Nachdem Sebastian Edathy erklärt hat, sein Parteifreund Michael Hartmann habe ihn von den Ermittlungen gegen ihn unterrichtet, ist die SPD in Erklärungsnot. Grüne und Union wollen Antworten.

Berlin - Mit der Enthüllung seines angeblichen Informanten aus der SPD hat der frühere Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy die Polit-Affäre neu angefacht. Edathy behauptet, sein Parteifreund Michael Hartmann habe ihn vor drohenden Kinderporno-Ermittlungen des Bundeskriminalamtes (BKA) gewarnt. Am Donnerstag will Edathy (45) vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss erscheinen, der seit Monaten vergeblich nach der undichten Stelle sucht. "Selbstverständlich werde ich im Ausschuss nicht schweigen", sagte Edathy dem Magazin "Stern".

Grüne und auch Unionsleute sehen neue Fragen an die SPD-Parteispitze, die im Oktober 2013 vom damaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich über den Verdacht gegen Edathy unterrichtet worden war. CSU-Mann Friedrich stürzte, was die schwarz-rote Koalition stark belastete.

Edathy gab nun im Gespräch mit dem "Stern" preis, Hartmann habe ihm am Rande des SPD-Parteitags in Leipzig im November 2013 in einem persönlichen Gespräch über die BKA-Erkenntnisse informiert. Hartmann (51), SPD-Innenexperte und rheinland-pfälzischer Bundestagsabgeordneter, wiederum soll nach Angaben Edathys vom damaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke eingeweiht worden sein. Der mittlerweile pensionierte Ziercke ließ das über einen BKA-Sprecher als unzutreffend zurückweisen. Hartmann verwies im "Stern" auf seinen zu erwartenden Auftritt im Ausschuss.

CDU will Antworten

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hält Edathys Erklärung und den zeitlichen Ablauf für nachvollziehbar. Das sei nun auch "ein echtes Problem für die Herren Oppermann und Ziercke", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und Ziercke hätten bisher behauptet, über den Fall zwar telefoniert, aber keine Informationen ausgetauscht zu haben. Nach der Aussage Edathys, Hartmann habe mit Ziercke gesprochen, gelte mehr denn je: "Das kann man glauben. Das muss man aber nicht glauben", meinte Bosbach.

Oppermann, der im Februar die Informationskette von Friedrich zur SPD-Spitze publik machte und die Affäre ins Rollen brachte, verteidigte im "Focus"-Interview sein Vorgehen. "Ich habe vor zehn Monaten die Fakten auf den Tisch gelegt und transparent gemacht", sagte er. "Das hat zu Turbulenzen geführt, aber das zu verschweigen oder zu vertuschen, wäre ganz sicher falsch gewesen."

Dagegen verlangte auch die Grünen-Politikerin Irene Mihalic weitere Aufklärung von der SPD-Spitze. "Unklar bleibt, von wem Hartmann die Informationen erhalten hat", meinte Mihalic, die für die Grünen im Edathy-Ausschuss sitzt. Dafür kämen neben Ziercke auch der Geheimdienst-Koordinator im Kanzleramt, Klaus-Peter Fritsche, sowie das SPD-Trio Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Oppermann infrage.

Ab Februar muss sich Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie in Niedersachsen vor Gericht verantworten. Der 45-Jährige bestreitet, Kinderpornografie über den Server des Bundestages heruntergeladen zu haben. Eine Sprecherin des Landgerichts Verden sagte dem "Focus", Edathy habe darauf hingewiesen, dass auch unbekannte Dritte auf seinen Rechner zugegriffen haben könnten. Seinen Dienst-Laptop hatte Edathy als gestohlen gemeldet.