Der frühere Minister Hans-Peter Friedrich (CSU) Foto: dpa

Hat der frühere Bundesminister Hans-Peter Friedrich in der Affäre um Sebastian Edathy Dienstgeheimnisse preisgegeben? Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Hat der frühere Bundesminister Hans-Peter Friedrich in der Affäre um Sebastian Edathy Dienstgeheimnisse preisgegeben? Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Berlin - Der vor knapp zwei Wochen als Minister zurückgetretene Hans-Peter Friedrich gerät wegen der Edathy-Affäre verstärkt ins Visier der Justiz. Die Berliner Staatsanwaltschaft leitete gegen den CSU-Politiker ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Geheimnisverrat ein. Als Bundesinnenminister hatte Friedrich im Oktober SPD-Chef Sigmar Gabriel über den Kinderpornografie-Verdacht gegen den damaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy informiert.

Zudem wurde bekannt, dass Edathy Geheimunterlagen aus der Zeit als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses in seiner Privatwohnung aufbewahrte. Die Staatsanwaltschaft Hannover habe dem Bundestag die Unterlagen am Mittwoch übergeben, teilte ein Parlamentssprecher mit. Die teils als geheim eingestuften Unterlagen seien vom Landeskriminalamt Niedersachsen gefunden worden.

Laut Bundestags-Geheimschutzordnung dürfen Verschlusssachen in der Regel nur in der Geheimregistratur des Parlaments oder unter Umständen im Büro von Ausschussmitgliedern eingesehen werden. Aus dem Bundestag dürfen sie nur mitgenommen werden, wenn es der Parlamentspräsident zulässt.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte am Mittwoch in Berlin, es gebe den Verdacht, dass Friedrich Dienstgeheimnisse verraten habe.

Der CSU-Politiker war deshalb am 14. Februar als Agrarminister zurückgetreten. Mit seiner Information an Gabriel hatte er nach eigenen Angaben Schaden von einer neuen schwarz-roten Koalition abwenden wollen. Sein Ministerium war vom Bundeskriminalamt informiert worden, dass Edathys Name auf einer Liste mit Käufern von Bildern nackter Kinder stand.

Friedrich ist weiterhin Bundestagsabgeordneter. Steltner sagte, Bundestagspräsident Norbert Lammert sei in einem Schreiben von den geplanten Ermittlungen unterrichtet worden. Damit wurden Informationen der Zeitung „Die Welt“ bestätigt. Ein Abgeordneter hat keinen Schutz durch seine Immunität mehr, wenn der Bundestag dem Start von Ermittlungen nicht binnen 48 Stunden widerspricht.

"Friedrich bekommt jetzt die Quittung für sein Verhalten"

Allerdings lag Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bis zum Nachmittag kein Antrag auf Zustimmung zu Ermittlungen vor. Laut Strafgesetzbuch wird Verletzung eines Dienstgeheimnisses nur mit entsprechender Ermächtigung verfolgt. „Ich denke, ich kann erwarten, dass ich das von der Staatsanwaltschaft direkt erfahre“, sagte de Maizière.

CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München: „Ich glaube auch persönlich, dass Hans-Peter Friedrich rechtmäßig gehandelt hat.“ Das Ermittlungsverfahren werde ohne Nachteil für Friedrich enden. Geheimnisverrat kann laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.

Auch CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl erwartet keine strafrechtlichen Konsequenzen. „Ich rechne nicht damit, dass unser ehemaliger Innenminister am Schluss im Gefängnis landet“, sagte Uhl dem „Tagesspiegel“. Friedrich sei befugt gewesen, das Geheimnis zu offenbaren. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, meinte: „Hans-Peter Friedrich bekommt jetzt die Quittung für sein Verhalten.“

Die Staatsanwaltschaft begann bei ihren Ermittlungen gegen Edathy wegen Kinderpornografie-Verdachts mit der Durchsuchung von Computern und Unterlagen aus seinem früheren Bundestagsbüro.