Wolfgang Haug setzt das Schlagwerk mit den vier Glocken in Gang. Foto: Götz Schultheiss

Das Stadmuseum ist um eine Attraktion reicher: ein Christbaumuntersatz mit Drehwerk und Spieluhr. Solche Sammlerstücke sucht das Museum dringend für die kommende Ausstellung ab April.

Echterdingen - Vor mehr als 100 Jahren, als deutsche Männer nachts Bartbinden trugen, damit ihre Schnurrbartenden nach Art des Kaisers nach oben standen, und eine Rasierklingenmarke mit „garantiert manöverglatter Rasur“ warb, herrschte nicht nur Militarismus, sondern auch Erfindergeist. Oft genug ging beides Hand in Hand. In Cannstatt produzierte die Fabrik J. C. Eckardt kuriose Artikel: „Christbaum-Untersätze mit Drehwerk und Musik“, für die sie seit 1877 ein Patent hatte. Das Modell „Gloriosa“ von 1902 ist jetzt im Stadtmuseum in Echterdingen zu bewundern.

Für die Ausstellung werden Lieblingsobjekte gesucht

„100 000 Exemplare dieses Modells sind hergestellt worden, auch für den Export“, sagt Museumsleiter Wolfgang Haug. Der Christbaumständer hat eine Hülle, die nach kostbarem Silber aussieht. Wer aber den Stempel mit dem Feingehalt sucht, wird nicht fündig: Der Ständer ist vernickelt. Ein Stempel zeigt den Weihnachtsmann mit Christbaum und die Inschrift „Trade Mark Made in Germany“. Im Inneren sind zwei Walzen für die Spieluhren. Dreht man einen Hebel nach links, ertönen „Stille Nacht, heilige Nacht“ und „Ihr Kinderlein kommet“, dreht man ihn nach rechts, ertönt der Walzer „Nur für die Natur“ von Johann Strauß und die Melodie „Die Klosterglocken“. Außerdem gibt es noch ein Glockenspiel, das man ertönen lassen kann. Alle Werke werden mit einem einzigen Schlüssel aufgezogen – auch das Drehwerk, das den Weihnachtsbaum, der bis zu 50 Pfund schwer sein darf, um die eigene Achse dreht. „Meistens handelte es sich um Rot-Tannen, andere Hölzer waren zu teuer“, erläutert Haug. 28 Mark hat das gute Stück einst gekostet, etwa den Wochenlohn eines Arbeiters. „Heute ist es eine Kostbarkeit“, sagt er.

Eigentlich suchten Wolfgang Haug und Hans Huber, der Vorsitzende des Museum-Fördervereins, Stücke für eine Ausstellung unter dem Arbeitstitel „Mein Lieblingssammelobjekt“. Ein Musberger mit Echterdinger Wurzeln, der namentlich nicht genannt werden wolle, habe dem Museum Hinterlassenschaften seines Großvaters gebracht, darunter alte Ausweise. „Wir haben ihm erzählt, dass wir für die Ausstellung von April bis Juli Exponate suchen und trotz eines Aufrufs im Amtsblatt an Sammler noch nichts haben“, sagt Haug. Daraufhin sei sein Gesprächspartner heimgegangen und mit dem Christbaumständer seiner Tante, die ihn von ihren Eltern hatte, zurückgekommen.

Die Anonymität der Sammler ist gewährleistet

Der Christbaumständer, der einst bürgerliche Festtafeln zierte, ist ein Beispiel für Exponate, die sich Wolfgang Haug und Hans Huber in der Ausstellung mit den Lieblings-Sammelstücken vorstellen können. Sie sollten aber schon gut und gerne 100 Jahre alt sein, sagen die beiden. Dabei könne es sich um Einzelexemplare oder um Sammlungen handeln.

„Je wertvoller die Stücke sind, desto zurückhaltender sind die Eigentümer, weil sie ihre Anonymität wahren wollen, um keine Einbrecher anzulocken“, sagt Haug. Wer also sein bestes Stück ins Museum stellen wolle, müsse nicht befürchten, dass sein Name in die Öffentlichkeit getragen werde. „Wir sind auch dazu bereit, Sammler zu beraten, wie sie ihre Sammlung noch besser aufbauen oder vererben können. Auch als Tauschbörse können wir fungieren, wenn der Eigentümer ein Duplikat gegen einen anderen Sammelgegenstand, der ihm noch fehlt, eintauschen will“, sagen Wolfgang Haug und Hans Huber.

Wer Sammelobjekte für die Ausstellung von April bis Juli verleihen will, der wendet sich telefonisch an folgende Ansprechpartner: Christa Beck: 07 11/79 24 06; Wolfgang Haug: 07 11/79 10 82, Stadtarchiv: 0711/99 75-4 09.