Bei den Museumsbesuchern werden Erinnerungen wach. Foto: /Ralph Scheer

Wie lebten wir vor 50 Jahren? Im Mittelpunkt der Ausstellung „Unsere 70er-Jahre“ im Ebersbacher Stadtmuseum „Alte Post“ (Kreis Göppingen) steht der Alltag der Menschen. Und der war vor allem orange. Vertreten sind auch Exponate von Esslinger Herstellern.

Vor 50 Jahren war die Farbe Orange omnipräsent in Mode, Hobby und Freizeit. Das hat die neue Sonderausstellung „Unsere 70er-Jahre“ im Ebersbacher Stadtmuseum „Alte Post“ zu ihrem Thema gemacht. Gegensätzlich zu den lebensfrohen Designs waren diese Jahre eine Zeit des gesellschaftlichen und sozialen Umbruchs, geprägt von Krisen und Terrorismus. Die Ausstellung zeigt auf drei Etagen Zeit- und Stadtgeschichte. Neben den eigenen Sammlungsstücken des Stadtmuseums sind auch viele private Leihgaben zu sehen, die typisch für dieses Jahrzehnt sind.

 

Orange und Avocadogrün waren in den wilden Siebzigern der letzte Schrei. Bunt gemusterte Hemden für den Herrn und Schlaghosen für alle Geschlechter galten als modisches Muss. Bekannteste „Blume“ dieser Zeit ist die Prilblume des gleichnamigen Geschirrspülmittels. Der VW Golf I löste den VW Käfer ab. Boney M. und Mireille Mathieu schallten von den Plattentellern. In Ebersbach konnten es auch Lieder der Filstalspatzen sein. Ritter, Indianer und Bauarbeiter hielten 1974 als kleine Plastikfiguren von Playmobil Einzug in die Welt der Kinder. Gleichzeitig begann der Siegeszug des Farbfernsehers in deutschen Wohnzimmern, der in den 70ern langsam erschwinglicher wurde. Wer schon einen besaß, konnte die Zeichentrickserie „Wickie und die starken Männer“ in Farbe erleben.

Auch Exponate von regionalen Produzenten

Das Besondere an der Ausstellung ist auch der lokale Bezug. „Unser Stadtarchivar und Museumsleiter Uwe Geiger hat wieder viele Exponate zusammengetragen, um die Erinnerung an eine Zeit zu wecken, die ja für viele, die hier sind, noch gar nicht so museal ist“, beginnt Eberhard Keller, der Bürgermeister der Stadt Ebersbach an der Fils, seine Eröffnungsrede. Er selbst ist Jahrgang 1972 und erinnert sich gut an seine Kindheit in den Siebzigern. Exponate aus der Region sind zum Beispiel das Ornamin-Geschirr des Esslinger Produktdesigners Erich Slany, ebenso die Handrührgeräte des Reichenbacher Unternehmens Electrostar. Edle Glasprodukte aus der Dürnauer Gralglas-Hütte und Verbrauchsgüter des Ebersbacher Konservenherstellers Kauffmann sind vertreten. Die Ausstellung beleuchtet außerdem die Stadtgeschichte der mal fröhlich-bunten, mal traurig-grauen Ära.

Jede Zeit hat ihre Höhen und Tiefen. Die 70er-Jahre waren auch eine Zeit, in der der internationale Terrorismus und die RAF in Deutschland eine allgegenwärtige Bedrohung darstellten. Davon zeugt ein Fahndungsplakat im Stadtarchiv. Es war die Zeit der Ölkrise, einhergehend mit den autofreien Sonntagen, und das Ende des wirtschaftlichen Aufschwungs. Auch im unteren Filstal veränderte sich die Arbeitswelt spürbar. Zahlreiche Firmenpleiten in der Textilindustrie wie die der Wollhaarspinnerei und -weberei Haefele oder der Schwäbischen Textilwerke verdüsterten die Zukunftsaussichten, erzählt der Leiter des Museum Uwe Geiger, stilecht gekleidet in Schlaghose und wild gemustertem Hemd.

Anlass ist das 50-jährige Stadtjubiläum

Erfreulich war hingegen, dass Ebersbach nach langem Bemühen 1975 von der Landesregierung Baden-Württembergs den Stadtstatus verliehen bekam – das 50-jährige Jubiläum der Stadterhebung ist zugleich der Anlass der Ausstellung.

Die Sonderausstellung ist vom 20. März bis zum 26. Oktober 2025 im Stadtmuseum Ebersbach, Martinstraße 10, zu sehen. Geöffnet ist sie donnerstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.ebersbach.de.