Die Spieldosen der Firma Wendt & Kühn kamen auch in den USA gut an. Foto:  

Nussknacker, Räuchermännchen und Engel in allen Erscheinungsformen sind im Ebersbacher Stadtmuseum Alte Post zu sehen. Zusammengetragen wurden sie von Antje und Manfred Schlotz.

Ebersbach - Ein Tipp vorneweg: Wer die Ausstellung „Nostalgische Weihnachten mit Nussknacker & Co.“ im Stadtmuseum Alte Post in Ebersbach anschauen möchte, ist gut beraten, den Rundgang im Dachgeschoss zu beginnen. Dort wird manches erläutert, was beim Betrachten der Exponate hilfreich ist. Doch egal wo man anfängt, die Engel, Nussknacker, Spieldosen, Pyramiden und Räuchermännchen aus dem Erzgebirge laden ein zu einer Reise in die Vergangenheit. Zusammengetragen haben die Stücke Antje und Manfred Schlotz aus Ebersbach, die ihre Sammlung erzgebirgischer Volkskunst nun zum ersten Mal zeigen.

Massive Kiefer, mächtige Schnurrbärte

Die gedrechselten Holzfiguren repräsentieren ein Stück heile Welt. Die beschürzte Oma strickt am heimischen Kachelofen, und der Opa liest Pfeife rauchend die Zeitung. Und die Kerle sind noch richtige Kerle, wie die Nussknacker mit massiven Kiefern unter mächtigen Schnurrbärten. In Ebersbach sind sie in zig Ausführungen und Größen zu bewundern. Auch die Sage von der Entstehung des Nussknackers bleibt die Ausstellung nicht schuldig. So soll ein hartherziger, reicher Bauer aus dem Erzgebirge mit zunehmendem Alter wachsende Mühe gehabt haben, seine Nüsse selbst zu öffnen. Ein findiger Puppenschnitzer hatte die zündende Idee: Er fertigte ein Männchen mit einem großen Mund, harten Kiefern und kräftiger Zunge und bemalte es mit der Sonntagstracht der erzgebirgischen Bergleute. Der Bauer fand so viel Gefallen daran , dass er milde wurde und fortan all seine Nüsse verschenkte.

Begehrt waren auch die Räuchermännchen aus dem Erzgebirge. Es gab sie als Briefträger, als Schornsteinfeger, als Osmanen, Bergmänner oder Waldarbeiter. Sie verbreiteten einen guten Duft, wenn Räucherkerzen aus gemahlener Holzkohle, Rotbuchenmehl, Kartoffelstärke und Duftstoffen in ihre hohlgedrechselten Körper gestellt wurden. Ein wichtiges Kapitel der erzgebirgischen Volkskunst sind Figuren, die mit Weihnachten zu tun haben. So sind Heerscharen von Engeln in den Vitrinen zu bewundern. Grete Wendt aus Grünhainichen war die Schöpferin der ersten Engelmusikanten. Sie spielten Flöte und Geige. Mit der Zeit komplettierte sie das himmlische Orchester, das auf insgesamt 71 Engelmusikanten angewachsen ist.

Grete Wendt war eine Pionierin

Grete Wendt (1887–1979) schrieb als Künstlerin, Designerin und Unternehmerin zu einer Zeit Geschichte, als die Mehrzahl der Frauen noch an den Herd verwiesen war. Sie gehörte zusammen mit Margarete Kühn, mit der sie im Jahr 1915 die Firma Wendt & Kühn gründete, zu den ersten Frauen, die an der Königlich-Sächsischen Kunstgewerbeschule in Dresden studierten. 1937 erhielt sie auf der Weltausstellung in Paris eine Goldmedaille und den Grand Prix für ihre Engelburg mit Madonna. Das bedeutete für sie den internationalen Durchbruch. Ein Katalog aus dem Jahr 2015 zeigt, dass die Entwürfe Grete Wendts und ihrer Gestalterin Olly Wendt heute noch Pate stehen für die Figuren der Firma Wendt & Kühn.

In der Ausstellung, in der bedauerlicherweise nichts über die Entstehung dieser Volkskunst zu erfahren ist, fehlen auch sogenannte Stufen- und Stockwerkspyramiden nicht, die um 1800 im Raum Seiffen entstanden sind und die sich durch die aufsteigende Wärme brennender Kerzen in Bewegung setzen. Auch Christbaumschmuck – von gedrechselten Engeln bis hin zu zarten Klöppelspitzen – ist zu sehen.