Die beteiligten Schüler mit Schulleiterin Winkler (türkiser Pulli), Referent Robert von Steinau-Steinrück (Anzug und Krawatte) und die Geschichtslehrer Katherina Dargen (hinten) und Johannes Steymans (kariertes Hemd). Foto: Susanne Müller-Baji

Im Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart-Nord wurde die Ausstellung „Was konnten sie tun?“ eröffnet. Sie dokumentiert sie nicht nur den Widerstand in der NS-Zeit, sondern zeigt im Grunde auch, was Zivilcourage bis heute ausmacht.

S-Nord - Während Welt täglich unübersichtlicher zu werden scheint, wächst gleichzeitig das Gefühl der Machtlosigkeit. Da kommt die Ausstellung „Was konnten sie tun?“ im Eberhard-Ludwigs-Gymnasium zur rechten Zeit. Seit Montag dokumentiert sie nicht nur den Widerstand in der NS-Zeit, sondern zeigt im Grunde auch, was Zivilcourage bis heute ausmacht. Die Schüler der Geschichtskurse haben dazu Themenführungen erarbeitet und werden so zu Multiplikatoren.

Flugblätter aus dem ferngesteuerten Modellflugzeug

Es sind natürlich auch die großen Namen des Widerstands vertreten: Claus Schenk Graf von Stauffenberg, übrigens vormaliger Schüler des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, dazu Dietrich Bonhoeffer, Georg Elser und die Weiße Rose. Spannend sind aber auch die Unbekannteren unter ihnen, einige von ihnen nicht viel älter als die Schüler heute. Sie zeigen, wie jeder auf seine Weise gegen das Unrecht vorgegangen ist: Der 19-jährige Mechanikerlehrling Walter Klingenbeck etwa, der Flugblätter mit einem ferngesteuerten Modellflugzeug abwarf und später kleine Rundfunksender baute, um so oppositionelle Nachrichten zu verbreiten.

Zusammengetragen wurde die Wanderausstellung von der Berliner Stiftung 20. Juli 1944, von der am Montag Robert von Steinau-Steinrück nach Stuttgart gekommen war. Der Professor warb vor den Schülern dafür, wachsam zu bleiben. Und berichtete von seinem Großvater Fritz-Dietlof von der Schulenburg, der sich von einem erst glühenden Anhänger der Nationalsozialisten zu ihrem erklärten Kritiker und Widerstandkämpfer gewandelt hatte.

Anders als bei früheren Projekten, haben die Jugendlichen das Material nicht selbst erarbeitet. Die Schüler der Geschichtslehrer Katharina Dargen und Johannes Steymans werden allerdings zu Multiplikatoren: In den kommenden Wochen werden sie die Klassen zu Themen wie „Widerstand in der Arbeiterbewegung“ oder „Ausländische Partisanen“ durch die Wanderausstellung führen. „Wir wissen jetzt allgemein ziemlich viel zum Thema“, sagt Carla Böhm (16). Was nehmen die Schüler von ihren Nachforschungen mit? „Dass es wichtig ist, trotz allem Courage zu haben“, sagt Luisa Karl (17). „Wie viele ganz unterschiedliche Menschen sich engagiert haben und dass die Allgemeinheit nicht automatisch Recht hat“, sagt der ebenfalls 17 Jahre alte Filip Jovanovic.

Drakonische Strafen gegen den Widerstand

Denn die Ausstellung führt auch drastisch vor Augen, mit welch drakonischen Strafen gegen den Widerstand vorgegangen wurde, und das „im Namen des Volkes“. Referent Robert von Steinau-Steinrück hält auch das für eine wichtige Erkenntnis: „Der Widerstand ging 1945 weiter.“ Dann, um die Namen der als Volksverräter Verurteilten zu rehabilitieren. Er hofft zu vermitteln, „dass Meinungsfreiheit und Demokratie kein Gottesgeschenk sind, sondern dass man dafür etwas tun muss. Klaus von Dohnanyi sagt: ,Widerstand kommt immer zu spät.‘ Wenn man den Widerstand braucht, ist schon vorher etwas in der Gesellschaft schief gegangen.“

Was meinen die Schüler? „Es geht uns hier besser als in vielen anderen Ländern“, sagt Amelie Kybart (16). Marcel Heeb (17) unterstreicht, das könne sich schnell ändern. „Nehmen wir die USA, das Land der Freiheit. Und dann kommt da ein Trump und will den Sendern ihre Frequenzen entziehen!“ Insgesamt, da sind sich die Jugendlichen einig, hätten sie durch das Projekt einmal mehr unsere Meinungs- und Pressefreiheit wertschätzen gelernt. Eine wichtige Erkenntnis, denn erst dann kann man sich dafür einsetzen.

Die Ausstellung „Was konnten sie tun?” ist bis Freitag, 17. November im Foyer des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums, Herdweg 72, zu sehen und ist auch der Öffentlichkeit montags bis freitags zu den üblichen Unterrichtszeiten zugänglich.