Am Donnerstag stand ein E-Scooter auf dem Stuttgarter Mahnmal für Opfer des Nationalsozialismus. Foto: Andreas Rosar/ Fotoagentur-Stuttgart

In Stuttgart stehen E-Scooter immer wieder an Orten, die nicht im Sinne des Erfinders sind. Der Polizei sind dabei weitestgehend die Hände gebunden – selbst, wenn die Roller mitten auf dem Gehweg abgestellt werden.

Stuttgart - Die einen preisen sie als modernes Fortbewegungsmittel an, die anderen beschweren sich, sie stünden ständig im Weg herum: Elektro-Tretroller, kurz E-Scooter, sorgen seit ihrer Zulassung in Deutschland am 15. Juni 2019 für gespaltene Gemüter. Als besonders heikel gilt die Frage, wo die Roller abgestellt werden dürfen. In Stuttgart mehren sich die Fälle, in denen E-Scooter an besonders unpassenden Stellen platziert oder liegengelassen werden – am Donnerstag etwa auf dem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Stuttgarter Karlsplatz. Polizeibeamte holten den Roller wieder von dem Denkmal herunter.

Auch User im Netz posten ab und an Bilder, die E-Roller in Stuttgart an den ungewöhnlichsten Orten zeigen. So kommentiert dieser Nutzer sein Foto mit: „Schön geparkt“. Das Bild zeigt einen E-Scooter auf dem Dach einer Bushaltestelle.

Wer den Roller dort platziert hat, bleibt unklar. Denn auch der Fahrer des Rollers, der ihn zuletzt benutzt hat, muss nicht unbedingt für die Aktion verantwortlich sein. Nehmen und umstellen kann die Roller im Grunde jeder.

E-Tretroller landen im Neckar oder in Bäumen

Die Beamten im Stuttgarter Polizeipräsidium wissen von der Situation. „Das Problem beginnt ja schon auf den Gehwegen“, heißt es. E-Scooter würden mitunter mitten auf Fußgängerwegen abgestellt werden und somit vor allem behinderte Menschen einschränken oder sogar gefährden. Manchmal, „in einzelnen Fällen“, seien die Tretroller auch im Neckar gelandet. „Die Wasserschutzpolizei ist bei Einsätzen oder bei Übungen schon auf ein paar Roller gestoßen.“

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Dieser User entdeckte einen Scooter zwar nicht im Wasser, dafür aber an einem anderen, skurrilen Ort.

Für die Polizei ist die Lage schwierig. Sie kann lediglich einschreiten, wenn es um den Verdacht einer Straftat oder um Gefahrenabwehr geht, teilt die Stuttgarter Polizei mit. Wenn ein Scooter also an Orten wie dem Bushaltestellendach oder dem hohen Denkmal platziert ist, bestehe eventuell die Gefahr, dass er wegen eines Windes heruntergeweht wird. Die mögliche Folge: Schäden an den Objekten oder Verletzungen für Passanten.

Sehen Sie im Video die Reportage über einen Juicer, der E-Scooter einsammelt, lädt und wieder verteilt:

Schwierige Rechtslage

Was also tun, damit die Roller zumindest nicht mitten auf den Gehwegen Menschen das Laufen erschweren? Die Polizei sieht sich hier vor einem nicht unerheblichen Problem: Es gebe keinen Tatbestand im Bußgeldkatalog dafür, dass ein Scooter mitten auf einem Fußgängerweg abgestellt wird. Der Grund dafür ist, dass die Roller in die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge fallen. Eben diese Verordnung beinhaltet Regelungen, die genauso für Fahrradfahrer gelten. So bleibt laut Polizei, dass theoretisch auch Radfahrer ihre Räder mitten auf dem Gehweg parken dürfen.

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Man müsse jedoch jeden Fall einzeln betrachten. Bereite ein Tretroller etwa ein massives Hindernis, könne eine Straftat vorliegen. Als Hindernis gelte in diesem Fall aber nicht nur das Versperren von Blindenspuren. „Da müsste zum Beispiel schon jemand im Dunkeln einen Roller auf den Radweg schmeißen, damit der Tatbestand erfüllt sein könnte.“

Experten fordern einheitliche Regeln

„Gut wäre, wenn die Scooter an Fahrradständern oder den Seiten des Gehweges abgestellt werden“, heißt es von der Polizei. Dass E-Scooter in manchen Fällen aber an merkwürdigen Orten stehengelassen werden, lässt sich kaum vermeiden. So zeigt dieser User aus Stuttgart einige Beispiele aus seinem Stadtteil.

Erst vor Kurzem forderten Experten beim Deutschen Verkehrsgerichtstag (VGT) in Glosar, bundeseinheitliche Regelungen für das Abstellen der Roller. Beim VGT versammeln sich jährlich bis zu 2000 Verkehrsjuristen und weitere Fachleute aus Ministerien, Behörden und Verbänden. Sie besprechen aktuelle Fragen des Straßenverkehrs und Verkehrsrechts. Solange es diese einheitlichen Regelungen jedoch nicht gibt, bleibt lediglich ein Regulator: die Moral.