Fast 25 Millionen Verkehrsschilder gibt es schon in Deutschland. Bald werden es noch mehr. Für E-Bikes auf Radwegen soll es ein neues Schild geben. Foto: dpa-Zentralbild

E-Bikes mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern sollen künftig die Fahrrad-Wege benutzen dürfen.

Berlin - Es ist ja nicht so, dass es in Deutschland einen ausgeprägten Mangel an Verkehrszeichen gäbe. Man könnte sogar der Ansicht sein, wir hätten ein bisschen zu viele davon. Wie viel es aber genau sind, kann niemand sagen. Auch Gregor Becker nicht. Obwohl, wenn überhaupt jemand darüber Bescheid weiß, dann er. Becker ist Leiter der Fachabteilung Verkehrszeichen beim Industrieverband Straßenausstattung. Er schätzt, dass von Flensburg bis Passau „zwischen 24 und 25 Millionen“ Verkehrsschilder an deutschen Straßen und Wegen herumstehen.

Manchem sind das zu wenig. Deswegen werden es demnächst auch wieder ein paar mehr werden. Es gibt nämlich ein nigelnagelneues Verkehrszeichen. Noch ist es öffentlich nicht vorgestellt. Es gibt erst einen Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums, der unserer Zeitung vorliegt, und darin findet sich ein Piktogramm. Das ist sozusagen der „Erlkönig“ des künftigen Verkehrszeichens. Es geht um sogenannte E-Bikes, also Zweiräder mit Elektro-Antrieb, die künftig in geschlossenen Ortschaften auch die Fahrradwege benutzen dürfen, wenn sie nicht schneller als 25 Stundenkilometer fahren können.

Und man muss sagen: Richtig schick sieht es aus! Der Elektrostecker weht elegant wie ein Schal dem Gefährt hinterher, was allerdings irgendwie den Eindruck erweckt, dass sich das Rad entschieden schneller als mit 25 km/h fortbewegt. Aber das ist vielleicht ein bisschen spitzfindig, denn schließlich ist das Designen von Verkehrsschildern eine Wissenschaft für sich. Das Expertenteam sitzt im rheinischen Bergisch Gladbach – bei der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Schilderschöpfer werden schilderschöpferisch tätig, wenn das Bundesverkehrsministerium den Auftrag erteilt. Man habe sich umgesehen, was es im Umkreis des neuen Schildes schon gebe, sagt die Sprecherin der Behörde, Petra Peter-Antonin. Man habe sich an die Darstellung von Fahrrädern auf bestehenden Verkehrschildern angelehnt, Fotos von E-Bikes ausgewertet. Hauptproblem: Es musste ein Symbol für die Elektrizität gefunden werden. Man hätte das übliche Hochspannungszeichen nehmen können. „Aber das steht ja für Gefahr.“ So kam das Schild zum Stecker.

Kräftiger Impuls für den Zweiradmarkt

Dass es da etwas zu regeln gibt, wird man kaum bestreiten können. Die Idee, Fahrräder mit Elektroantrieben zu versehen, hat dem Zweiradmarkt einen kräftigen Impuls verliehen. Nach den Zahlen des Zweirad-Industrieverbands (ZIV) haben die E-Bikes heute schon einen Marktanteil von zwölf Prozent. 480 000 Stück wurden 2014 verkauft. 520 000 war die Prognose für 2015 – sie ist sicher übertroffen, auch wenn es noch keine genauen Zahlen gibt.

An dieser Stelle aber wird die Sache richtig kompliziert. Was der ZIV E-Bikes nennt, ist nämlich etwas anderes als das, was der Gesetzgeber beim Wort E-Bikes im Sinn hat. Die ZIV-Zahlen beziehen sich auf Pedalräder mit elektrischem Zusatzmotor. Dafür hat sich der neudeutsche Ausdruck Pedelecs eingebürgert. Der Gesetzentwurf meint mit E-Bikes aber „einspurige Fahrzeuge, die sich mit Hilfe des Elektroantriebs durch einen Drehgriff oder Schaltknopf mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h fahren lassen, auch ohne dass der Fahrer gleichzeitig in die Pedale tritt “. Eigentlich also Mofas mit Elektromotor.

Im Entwurf wird nun festgelegt, dass man außerhalb geschlossener Ortschaften mit diesen so gefassten E-Bikes Radwege benutzen darf und in geschlossenen Ortschaften auch – wenn es eben mit dem neuen Schild ausgewiesen wird. De facto ist das einfach eine Gleichstellung mit herkömmlichen Mofas. Die Zweiradbranche findet deshalb den ganzen Aufwand überflüssig. Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrieverbands, findet, dass das zusätzliche Schild „wenig Sinn“ hat. Schließlich gebe es ja heute schon ein Schild „Mofa frei“. Ihm wäre es wichtiger gewesen, dass die schnelleren Pedelecs, die bis zu 45 km/h fahren können, künftig außerhalb der geschlossenen Ortschaften die Radwege benützen könnten. Das aber ist nicht vorgesehen. Ob der finanzielle Aufwand lohnt, ist also offen. Ein Verkehrsschild kostet zwischen 150 und 180 Euro. Wie viel von den neuen Exemplaren eigentlich gebraucht werden, kann niemand sagen.

Dennoch stößt der Entwurf durchaus auf Wohlwollen in der Politik. „Richtig und zeitgemäß“ nennt Ullrich Lang (CSU), verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, den Entwurf.