Mindestens 50 Menschen starben bei Luftangriffen in Myanmar. Foto: dpa/---

Ein Luftangriff der in Myanmar regierenden Militärjunta auf eine entlegene Ortschaft, bei dem mindestens Menschen getötet wurden, hat international Entsetzen ausgelöst. Die EU zeigte sich „zutiefst schockiert“.

Ein Luftangriff der in Myanmar regierenden Militärjunta auf eine entlegene Ortschaft, bei dem mindestens 50 Menschen getötet wurden, hat international Entsetzen ausgelöst. Die EU sei „zutiefst schockiert“ über „Berichte über die jüngste Gräueltat des Militärregimes“, erklärte Nabila Massrali, Sprecherin des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell, am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. Das Auswärtige Amt forderte die Junta auf, die „Gewalt gegen das Volk sofort zu beenden“. 

Bei dem Angriff auf das Dorf Pazi Gyi in der Gemeinde Kanbalu in der Region Sagaing seien am Dienstagmorgen mehr als 50 Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden, berichteten der myanmarische Dienst der BBC, die Nachrichtenwebsite „The Irrawaddy“ und Radio Free Asia. In der Region gibt es besonders heftigen Widerstand gegen die herrschende Militärjunta. 

Auch die US-Regierung reagierte empört auf den Angriff. „Wir verurteilen die Luftangriffe des Regimes auf das Schärfste und fordern das Regime auf, die Gewalt zu beenden“, schrieb der ranghohe US-Diplomat Derek Chollet auf Twitter. Er nannte den Angriff „verwerflich“. 

Guterres verurteilt den Angriff „auf das Schärfste“

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Angriff einem Sprecher zufolge ebenfalls „auf das Schärfste“. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk erklärte in Genf, einmal mehr habe das Militär in dem südostasiatischen Land seine „klaren rechtlichen Verpflichtungen“ missachtet, „bei Kampfhandlungen für den Schutz von Zivilisten zu sorgen“.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) rechnet mit einer einschüchternden Wirkung des Angriffs auf die myanmarische Gesellschaft. „Das wird vermutlich größere Angst bei der Bevölkerung auslösen“, sagte der HRW-Vizedirektor für Asien, Phil Robertson, der Nachrichtenagentur AFP. Gemeinden würden künftig wohl vor „Massenversammlungen“ zurückschrecken - aus Angst, bombardiert oder anderweitig angegriffen zu werden.

Unterdessen wurden weitere Details des Angriffs bekannt. Ein Augenzeuge sagte der AFP, zahlreiche Bewohner hätten sich in Pazi Gyi versammelt, um die Eröffnung einer Außenstelle der oppositionellen Volksverteidigungskräfte zu besuchen.

So äußern sich die Junta

Die Junta machte keine Angaben zu Opfern. Sie sprach am Mittwoch von „begrenzten Luftangriffen“, die geflogen worden seien, nachdem Anwohner auf die Eröffnung der Außenstelle hingewiesen hätten. Die Armeekräfte hätten versucht, den Schaden für Zivilisten so gering wie möglich zu halten, hieß es von der Junta. Weitere Tote habe es wegen „massiver Explosionen durch Waffen und Munition“ gegeben, die bei der Eröffnung des Volksverteidigungskräfte-Postens präsentiert worden seien. 

Ein Junta-Sprecher sagte auch, die Volksverteidigungskräfte hätten Minen platziert. Bei einigen der Toten handle es sich um uniformierte Kämpfer. Es könnten aber auch „einige Leute in Zivilkleidung“ darunter sein, sagte der Junta-Sprecher. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen waren an dem Angriff ein Kampfjet und ein Hubschrauber beteiligt. 

Ein Mitglied der Rettungskräfte, das einer Anti-Junta-Gruppe angehört, hatte der AFP am Dienstag gesagt, dass unter den Toten auch Frauen und Kinder seien. Nach der Bergung der Leichen und dem Abtransport von Verletzten schätzte er die Zahl der Toten auf bis zu 100.

In Onlinenetzwerken kursierende Videos zeigten verstreut liegende Leichen zwischen Häuserruinen. AFP konnte die Echtheit der Bilder nicht verifizieren.

Die Hintergründe zu den Machtverhältnissen in Myanmar

Die Armee hatte im Februar 2021 die Macht in Myanmar wieder an sich gerissen und die mit großer Mehrheit gewählte Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt. Die Proteste gegen den Putsch schlug die Junta gewaltsam nieder. Im März lösten die Militärherrscher Suu Kyis NLD-Partei auf. Suu Kyi selbst wurde nach dem Putsch inhaftiert und später zu jahrzehntelanger Haft verurteilt.