Etwa 300 Einsatzkräfte waren bei den Durchsuchungen im Einsatz. Foto: /SDMG / Kern

Einsatzkräfte des Zolls durchsuchten am Freitagmorgen Objekte in Reichenbach und Plochingen sowie in Böblingen und Sindelfingen. Laut einem Pressesprecher geht es um die „bandenmäßige“ Beschäftigung von Schwarzarbeitern im großen Stil.

Fast 300 Einsatzkräfte des Zolls haben am Freitag ungefähr 36 Objekte in Plochingen und Reichenbach sowie im Raum Böblingen und Sindelfingen durchsucht. Im Rahmen dieses Einsatzes konnten 30 Beschuldigte ermittelt werden, teilen die Staatsanwaltschaft und das Hauptzollamt Stuttgart in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Diese Personen aus dem Großraum Stuttgart sollen organisierte Schwarzarbeit in großem Stil betrieben haben.

 

Die Aktion begann am Freitagmorgen. Gegen 7.20 Uhr hatten Einsatzkräfte ein Wohnhaus in Reichenbach durchsucht. Weitere Objekte wie Wohn- und Geschäftsräume, Büros, Firmenzentralen, Kanzleien von Steuerberatern oder Unterkünfte der mutmaßlich schwarz beschäftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurden laut Thomas Seemann, Pressesprecher des Hauptzollamts Stuttgart, im weiteren Verlauf des Tages von den Ermittlern ins Visier genommen. Im Rahmen der Durchsuchungen wurden laut der Medieninformation umfangreiche Beweismittel gefunden, die in der Folge ausgewertet werden sollen. Zudem seien zwei hochpreisige Kraftfahrzeuge von Beschuldigten und etwa 120 000 Euro an Bargeld sichergestellt worden.

Auch in Reichenbach wurden Objekte im Zuge des Einsatzes durchsucht. Foto: SDMG/SDMG / Kern

Die während des Einsatzes ermittelten 30 Beschuldigten sollen laut der gemeinsamen Medieninfo als Geschäftsführer und Gehilfen in Unternehmen in den Bereichen Gebäudereinigung, Brand- und Wasserschadensanierung sowie in der Abbruchbranche tätig gewesen sein. In dieser Funktion sollen sie den Sozialversicherungen „bandenmäßig“ Beiträge vorenthalten haben: „Die von diesen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer sollen dabei nicht oder nicht richtig zur Sozialversicherung angemeldet worden sein.“ Nach derzeitigem Ermittlungsstand betrage der bei den Krankenkassen so verursachte Schaden seit Januar 2020 mindestens 8,2 Millionen Euro.

Zur Verschleierung ihrer kriminellen Praktiken sollen die Beschuldigten laut Staatsanwaltschaft und Hauptzollamt mit „Abdeckrechnungen“ gearbeitet haben. Die Methode klingt einfach – war aber lange Zeit wirkungsvoll: Fünf Hauptunternehmen haben sich wohl unter dem Einsatz von Strohleuten ein Netzwerk aus zahlreichen angeblichen Nachunternehmen aufgebaut. Diese Nachunternehmen sollen den Hauptfirmen Rechnungen über angeblich erbrachte, aber tatsächlich nicht erfolgte Dienstleistungen und Auftragsarbeiten geschickt haben. „Die vorgeblichen Auftraggeber bezahlten diese Rechnungen, erhielten das überwiesene Geld jedoch, nach Abzug einer Provision, von den Rechnungsschreibern in bar zurück“, so heißt es in der Medieninformation. Die Arbeitnehmer wurden dann neben der offiziellen Lohnbuchhaltung teilweise in bar entlohnt. Um die Spuren zu verwischen, wurden die Nachunternehmen nach einer kurzen Bestandsdauer wieder aufgelöst und durch neue ersetzt: „Auffällig an dem vorliegenden Firmengeflecht ist zudem, dass die geschäftsführenden Beschuldigten in einem engen familiären Zusammenhang zueinander stehen.“

Laut Annemarie Übele, der stellvertretenden Pressesprecherin des Hauptzollamts Stuttgart, besteht zudem der Verdacht, dass die kriminell erwirtschafteten Gelder ins Ausland transferiert wurden: „Den persönlichen Schaden tragen letztlich die Solidargemeinschaft der Versicherten und die Arbeitnehmer, welche ihre Arbeitskraft investieren, im Krankheitsfall oder im Alter jedoch nicht adäquat durch die Sozialversicherungen abgesichert sind.“.

Insgesamt waren laut der Meideninfo 280 Zöllnerinnen und Zöllner mehrerer Hauptzollämter und des Zollfahndungsamtes Stuttgart im Einsatz. Sie seien von Beamten der Landespolizei Baden-Württemberg, der Bundespolizei, der Steuerfahndung sowie Kräften des Technischen Hilfswerks die Maßnahmen unterstützt worden.