Die große Magistrale der Stadt: Die Heilbronner Straße hat jetzt durchgängig sechs Spuren. Foto: Peter-Michael Petsch

Stadt will Verkehrsströme auf zentralen Achsen zu bündeln – Auch Radfahrer profitieren.

Stuttgart - Autofahrer kennen die Heilbronner Straße im Stuttgarter Norden als ätzende Bau- und Staustrecke. Seit dem Jahr 2002 versucht die Stadt mit Millionenaufwand das Nadelöhr aufzuweiten, damit der Verkehr aus werktäglich 85.000 Fahrzeugen reibungsloser rollt. Allein 34,5 Millionen Euro kostete es zuletzt, den Straßenkilometer zwischen Pragsattel und Zuffenhausen von vier auf sechs Fahrspuren zu verbreitern. Nach siebenjähriger Bauzeit wurden die letzten Baustellenschilder stadtauswärts in der Nacht zu Montag abmontiert.

Für Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) ist damit ein wichtiges Etappenziel erreicht. „Ziel der Stadt ist grundsätzlich, Verkehrsströme auf zentralen Achsen zu bündeln“, begründet er im städtischen Videoblog den Straßenausbau. Gerade vor dem Hintergrund der Feinstaubproblematik verflüssige die breitere Straße den Verkehr und entlaste angrenzende Stadtteile.

Vom Umbau der Heilbronner Straße profitieren nicht nur Autofahrer. Beidseits der Verkehrsachse wurde für Fußgänger und Radfahrer ein jeweils 3,5 Meter breiter Geh- und Radweg gebaut. Zwischen Weg und Fahrbahn wurde ein Grünbeet mit rund 140 Bäumen gepflanzt.

„Die Heilbronner Straße ist zum attraktiven Stadteingang geworden“

Laut Thürnau möbelten Immobilienbesitzer entlang der Straße, in der Mehrzahl große Autohäuser renommierter Marken, ihre Bauten in jüngster Vergangenheit ebenfalls auf. Die früher triste Automeile habe sich so zum Gewerbeboulevard gemausert. „Die Heilbronner Straße ist zum attraktiven Stadteingang geworden“, bilanziert der Bürgermeister.

In großem Stil wurde auf der Heilbronner Straße ein ganzes Jahrzehnt gebuddelt. Im Mai 2006 ging nach vierjähriger Bauzeit der Pragtunnel in Betrieb. Durch ihn rollt der B 10-Verkehr mit täglich über 40.000 Fahrzeugen kreuzungsfrei zwischen Feuerbach und Cannstatter Neckartal. Die zwei Tunnelröhren kosteten mit Nebenbauten rund 95 Millionen Euro. „Der Pragtunnel allein hat noch nicht ausgereicht“, bestätigt Thürnau, dass es sich im weiteren Verlauf immer wieder staute.

Auf Cannstatter Gemarkung soll deshalb der Rosensteintunnel und eine dritte Röhre im Leuzetunnel gegraben werden, um den Flaschenhals Pragkreuzung an der Neckartalstraße zu umfahren. Die rund einen Kilometer lange Unterquerung des Rosensteinparks zwischen Löwentor und Schwanenplatz ist jedoch heftig umstritten.

Statt Entlastung bringe der Tunnel mehr Feinstaub und Lärm, sagen Kritiker

Kritiker sehen das 193 Millionen Euro teure Tunnelprojekt als letzten Lückenschluss einer Stadtautobahn, die dem überregionalen Verkehr als Ausweichroute zwischen den Autobahnanschlüssen in Ludwigsburg und Wendlingen diene. Statt Entlastung bringe der Tunnel mehr Feinstaub und Lärm, sagen Grüne, SÖS/Linke und Teile der SPD sowie Bürgerinitiativen und Umweltverbände. Wegen fehlerhaften Verkehrsmengen musste die Stadt die Baupläne zuletzt ein zweites Mal auslegen. Der Baubeschluss steht noch aus, der anvisierte Baubeginn hat sich um Jahre verzögert und ist frühestens Anfang 2013 möglich. Weniger Widerstand gibt es für die geplante Verlegung der B 295 in Feuerbach. Sie soll künftig nicht mehr vom Pragsattel entlang des Feuerbacher Ortskerns, sondern von der Heilbronner Straße über die Borsigstraße führen. Die Abbiegespuren sind stadtauswärts bereits gelegt. Allerdings ist der Durchlass unter den Bahngleisen in Feuerbach mit drei Fahrspuren zu eng. Weil die Bauabstimmung mit der Bahn noch fehlt, steht ein Termin für die B-295-Verlegung noch in den Sternen.

Teilweise ausgebaut werden soll die Heilbronner Straße auch in der Stuttgarter Innenstadt. Zwischen Hauptbahnhof und Wolframstraße soll sie sechsspurig zum Teil eines erweiterten City-Rings werden, der durch Wegfall der Straße Am Schlossgarten wegen des Tiefbahnhofs Stuttgart 21 erforderlich wird.

Auch soll der neue Ring das neue Europaviertel erschließen sowie Rückbau und Umgestaltung von Arnulf-Klett-Platz und Schillerstraße ermöglichen. Im Bauausschuss des Stuttgarter Gemeinderats wurden die Pläne im Juli kontrovers diskutiert. Die ökosoziale Mehrheit forderte eine tiefergehende Analyse der Verkehrsprognosen. Im Bezirksbeirat Nord war zuvor eine ausgebaute Heilbronner Straße fraktionsübergreifend einstimmig abgelehnt worden.