Seit 2013 betreut Bobic-Freund Dirk Dufner Hannover 96 – und das recht erfolgreich Foto: Bongarts

Hannovers Sportdirektor Dirk Dufner kritisiert den Rauswurf seines Freundes und Kollegen Fredi Bobic. Seiner Einschätzung nach wird es so oder so noch lange dauern, bis der VfB Stuttgart sich erholt.

Hannovers Sportdirektor Dirk Dufner kritisiert den Rauswurf seines Freundes und Kollegen Fredi Bobic. Seiner Einschätzung nach wird es so oder so noch lange dauern, bis der VfB Stuttgart sich erholt.
 
Stuttgart - Herr Dufner, Ihr Club ist für viele VfB-Fans die letzte Hoffnung.
Wie darf ich das verstehen?
Sie sagen sich, wenn wir gegen Hannover nicht endlich gewinnen, dann gegen niemanden mehr.
Da kann ich die VfB-Fans beruhigen. Auch wenn sie gegen uns verlieren sollten, haben sie noch die Chance, ein Spiel zu gewinnen. Sie müssen noch nicht in Panik verfallen.
Zeigt das die oft zitierte, überhöhte Anspruchshaltung in Stuttgart? Dass man immer noch davon ausgeht, einen Club wie Hannover 96 wie selbstverständlich besiegen zu können?
Inwieweit die Anspruchshaltung in Stuttgart überhöht ist, will ich nicht beurteilen. Fakt ist: Der VfB steht unter Druck, gegen uns gewinnen zu müssen. Das ist für uns keine unangenehme Situation. Wir haben mit zehn Zählern ein gutes Punktepolster, spielen auswärts, haben keinen Druck.
Sie waren selbst mal in Stuttgart. Wie beurteilen Sie die Lage beim VfB?
Das Schöne am VfB ist, dass es sich um einen großen Verein handelt, bei dem sich nicht ständig alles ändert. Da steht derselbe Ordner immer noch am selben Platz. Insofern ist es für mich immer schön zurückzukommen. Aber zu Ihrer eigentlichen Frage: Dass der VfB kein ruhiger Verein ist, ist, glaube ich, hinlänglich bekannt. Und das nicht erst seit dieser Saison. Insofern ist es klar, dass es emotional wird. Es kann nach meiner Einschätzung lange dauern, den Verein wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen. Aber es ist nicht damit getan, den Sportdirektor hinauszuwerfen – zu einer Zeit, in der es überhaupt nichts bringt. Das wird der Mannschaft jetzt sicher keinen Kick geben.
Zumal die Art und Weise des Rauswurfs von Fredi Bobic nicht die feine englische Art war.
Ich weiß nicht, wie das genau vonstattenging. Aber das ist für den Fredi auch zweitrangig.
Sie sind mit ihm befreundet. Wie wird er mit der Situation umgehen?
Es wird ihn sicher treffen. Das wird er sich aber nicht anmerken lassen. Weil er – auch seine größten Feinde werden ihm das nicht absprechen – sehr am VfB hängt. Ihn hat es am allermeisten belastet, dass sich der Erfolg nicht einstellen wollte. Der Fredi wird jetzt versuchen, auf andere Gedanken zu kommen, und dann positiv nach vorne blicken.
Und der VfB muss einen neuen Sportdirektor finden. Ein schwieriges Unterfangen?
Es gibt jetzt nicht Hunderte, die dafür infrage kommen. Aber ich bin sicher, dass sie jemanden finden, der gut zu ihnen passt. Aber egal, wer es macht: Es ist momentan nicht einfach. Du kannst jetzt als Sportdirektor nicht so viel bewirken. Und wenn das wieder der Fall ist, liegen in Stuttgart keine Millionen rum, die man in die Mannschaft stecken könnte. Die größte Verantwortung liegt jetzt erst mal beim Trainer.
Uli Hoeneß hat mal gesagt, er kenne in der Bundesliga nur drei oder vier gute Manager. Ist das so?
Ich bin einer davon, deswegen kann ich das schlecht beurteilen (lacht). Uli Hoeneß stand über den Dingen, der durfte so was sagen. Ich halte mich da lieber zurück. Aber lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich schätze viele meiner Kollegen sehr.
Was zeichnet einen guten Sportdirektor aus?
In der Bundesliga wird in der Regel sehr professionell und intensiv gearbeitet. Aber der Job ist mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. In einem Jahr liegst du mit allen Entscheidungen richtig, dann wieder voll daneben.
Inwieweit lässt sich ein Transfer vorherbestimmen – und welche Rolle spielt das Glück?
Eine nicht unbedeutende. Und beim Zusammenstellen einer Mannschaft kommt es auf mehr an, als nur die vermeintlich besten Spieler zu holen.
Nämlich?
Auch, wie sie eingesetzt werden. Sie müssen zusammenpassen, das Mannschaftsgefüge muss stimmen. Die meisten meiner Kollegen haben nun einmal nicht unendlich Geld zur Verfügung, das macht die Sache nicht einfacher. Und wenn du dann als Verein Erfolg hast, werden dir die besten Spieler wieder weggekauft. Der Job ist sehr komplex – und hoch anspruchsvoll.
Theoretisch kann sich jeder hinstellen und den Sportdirektor geben. Wäre eine Qualifizierung – ähnlich dem Trainerschein – in der Bundesliga nicht sinnvoll?
Es würde nicht schaden, so etwas für Einsteiger anzubieten. Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie eine einheitliche Ausbildung aussehen sollte. Dafür sind die Anforderungsprofile der einzelnen Clubs im Profifußball dann doch zu verschieden.
Stichwort 50+1-Regel und die Umwandlung in Kapitalgesellschaften: Hannover 96 hat den Schritt vom Verein zum Wirtschaftsunternehmen schon lange vollzogen. Glauben Sie, dass eingetragene Vereine wie der VfB auf der Strecke bleiben, wenn sie ihre Profiabteilung nicht irgendwann ausgliedern?
Es kommt immer auf den Verein und sein Umfeld an. Ich denke, in Stuttgart will man natürlich wieder in Tabellenregionen kommen, die man ohne eine Umwandlung nur sehr schwer erreichen kann. Du brauchst frisches Kapital, um in der Bundesliga oben mitspielen zu können. Und wenn du das nicht generierst, hast du auf lange Sicht keine Chance. Ich denke, der VfB wird um diesen Schritt nicht umhinkommen.
Hätte Hannover 96 diese Entwicklung ohne Martin Kind und ohne die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft genommen?
Nein, nach meiner Überzeugung nicht.
Und wer gewinnt jetzt am Samstag?
Das kann ich Ihnen bedauerlicherweise nicht vorhersagen. Aber wir werden sehr viel investieren, damit wir drei Punkte mitnehmen. Und wenn es nur ein Punkt wird, tut uns das nicht weh.