Bei Fabio (rechts) kontrolliert Trainer Kouadio (links) die Boxtechnik. Foto: Philipp Obergassner

Seit Anfang des Jahres trainiert ein Boxverein in der ehemaligen Schlecker-Filiale.

Stuttgart-Vaihingen - Ab jetzt springt jeder, ich will keinen sehen, der stehen bleibt“, ruft Yacinth Kouadio den Kindern zu. Sie wärmen sich fürs Boxtraining auf. Trainer Kouadio stemmt die Hände in die Hüften und feuert sie an: „Bleibt dran, schneller!“ Langsam werden die Köpfe der Kinder rot. Aus der Musikanlage dröhnen HipHop und Dubstep, schnelle Takte mit viel Bass. „Jetzt werden wir schneller und zählen langsam runter. Habt ihr das verstanden?“ Die Kinder rufen alle zusammen „Ja“ und folgen den Kommandos.

Respekt und Disziplin, das sind die Säulen, auf denen Yacinth Kouadio sein Boxtraining aufbaut. Anfang des Jahres hat der von ihm gegründete Verein „Boxring Stuttgart“ eine Bleibe in der ehemaligen Schlecker-Filiale an der Osterbronnstraße in Dürrlewang gefunden. Die Suche dauerte seit der Gründung fast ein Jahr. Mittlerweile sind es mehr als 50 Mitglieder. Die Erwachsenen trainieren bis zu dreimal in der Woche, die Kinder zwischen acht und zwölf Jahren jeden Mittwoch. Kouadio begrüßt jeden, wie es sich bei Boxern gehört, Faust an Faust. Eigentlich sollten die Kleinen am Anfang selbstständig mit dem Seilspringen beginnen. „Aber die Geräte sind natürlich verlockend“, sagt Kouadio und grinst. So strampeln einige Kinder sich auf den Cardiogeräten im vorderen Teil des 220 Quadratmeter großen Boxclubs ab, ehe der Trainer sie nach hinten scheucht, wo sie sich vor einer großen Spiegelwand aufwärmen sollen.

„Teilweise stand noch Ware in den Regalen“

Emil ist heute zum dritten Mal da. Die Liegestützen schafft er ohne Durchhänger und auch beim Einlaufen ist er kaum zu bremsen. Dem Elfjährigen aus Vaihingen gefällt das Boxen. „Früher dachte ich, da haut man sich nur auf den Kopf, aber da ist auch eine Menge Technik dabei“, sagt er nach dem Training. Und vielleicht hilft ihm das Boxen auch bei seinen Wettkämpfen im Ringen, an denen er seit vier Jahren teilnimmt.

Drei Monate hat es gedauert, die ehemalige Schlecker-Filiale zum Boxgym umzubauen. „Teilweise stand noch Ware in den Regalen“, sagt Kouadio. Auf dem Boden sieht man immer noch die Rillen, wo früher die Regale standen. „Sauberer haben wirs nicht bekommen, aber so ein bisschen schmuddelig darf es schon sein, das gehört zur besonderen Atmosphäre von Boxgyms.“ Wer kann, bringt seine Fähigkeiten ein, um den Verein voranzubringen: Den Boxring hat ein Schweißer zusammengebaut, die Werbung macht ein Grafiker, ein Installateur will bald eine Dusche einbauen. Die Wände zieren Bilder von erfolgreichen Boxern, Floyd Mayweather oder David Haye. „Das Poster von Muhammad Ali ist schon bestellt, das ist besonders groß“, sagt Kouadio grinsend. Ali war schon immer sein Vorbild.

Training in einem stickigen Keller ohne Fenster

Der studierte Informatiker aus Bruchsal hat früher in einem stickigen Keller ohne Fenster trainiert. Er war badischer und süddeutscher Meister; dann hörte er wegen des Studiums und seiner zwei Kinder mit den Wettkämpfen auf. Die Boxhandschuhe hat er aber nicht an den Nagel gehängt. Der 27-Jährige will jetzt anderen zum Erfolg bei Wettkämpfen verhelfen. „Das Potenzial ist bei vielen da, aber wir sind noch ganz am Anfang.“

So wie bei Fabio Saglimbeni. Der Siebzehnjährige aus Dürrlewang wollte schon immer einen Kampfsport ausprobieren. Kung-Fu war aber trotz Begeisterung für Jackie Chan und seine Filme „nicht so mein Ding“. Früher hat Fabio Fußball gespielt. „Auch wenn das jetzt komisch klingt, aber hier finde ich mehr Teamgeist. Das ist wie eine Familie, hier fühle ich mich gut aufgehoben.“