Der Landesbauernverband warnt vor einer Verschärfung der Gesetzeslage im Düngerecht. Foto: dpa

Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) kann den Unmut der Bauern über eine weitere Verschärfung der Düngemittelverordnung, die momentan von den beteiligten Bundesministerien erörtert wird, „durchaus nachvollziehen“.

Stuttgart - Ungeachtet der durch die EU drohenden Strafzahlungen wegen der Nichteinhaltung der Nitrat-Grenzwerte durch Deutschland hat der Landesbauernverband in Stuttgart vor einer Verschärfung der Gesetzeslage in Deutschland gewarnt. Erst im Juni 2017 sei eine neue Düngeverordnung in Kraft getreten, die von den Landwirten mit „großen Anstrengungen“ umgesetzt werde, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes, der unserer Zeitung vorliegt. Bevor jetzt weitere Verschärfungen in Kraft träten, was das Bundeslandwirtschafts- und das Bundesumweltministerium derzeit beraten, müsse die Wirkung der vorherigen Reform erst beurteilt werden. Das sei in der Kürze der Zeit noch nicht möglich gewesen.

„Wir befürchten auch wegen der düngerechtlichen Vorgaben einen weiteren Rückgang der tierhaltenden Betriebe“, sagt der Bauernverband. In den vergangenen Jahren sei der bereits „rapide“ vorangeschritten.

„Bürokratische Ungetüme“

Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) kann den Unmut der Bauern „durchaus nachvollziehen“, wie er unserer Zeitung auf Anfrage mitteilte. Denn in Einzelfällen könnten Betriebe in ihrer Existenz bedroht sein. Die geplanten Änderungen seien ausgelöst worden durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und daher „alternativlos“, auch wenn er das „unbefriedigend“ finde. Hauk sagte: „Es gibt einen Aufschrei unter den Landwirten und den kann ich verstehen. Die Landwirte in Baden-Württemberg leiden unter der Untätigkeit in anderen Ländern, wo es bis zu 60 Prozent rote Gebiete – also nitratbelastete – gibt. Wären die Grundwasserverhältnisse überall so gut wie bei uns, hätte es kein EU-Verfahren gegen Deutschland gegeben.“ Auch wären die „bürokratischen Ungetüme“, die die deutschen Gesetze mit sich brächten, dann nicht notwendig gewesen.

In Baden-Württemberg greifen laut Hauk seit 30 Jahren in Wasserschutzgebieten zusätzliche über das Fachrecht hinausgehende Schutzmaßnahmen – über die sogenannte Schutzausgleichsverordnung. Auch das „große Engagement unserer Landwirte“ habe dazu geführt, so der Minister, dass die Nitratwerte seit 1994 landesweit um 23 Prozent gesunken seien. Darüber hinaus sei Baden-Württemberg bei den sogenannten „gefährdeten Grundwasserkörpern“ nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit nur neun Prozent der Landesfläche betroffen. Andere Länder hätten da einen deutlich höheren Nachholbedarf.

Staatliche Beihilfen für die Bauern sollen sinken

Durch das EU-Recht geraten auch die staatlichen Beihilfen für die Bauern im Rahmen der Schutzausgleichsverordnung unter Druck – sie sollen sinken. „Es ist das oberste Anliegen des Landes Baden-Württemberg, den Landwirten ihre bereits erbrachten Leistungen zum Wasserschutz so schnell wie möglich im gültigen rechtlichen Rahmen auszugleichen“, kündigte Hauk an. „Dafür haben wir bereits Abschlagszahlungen auf den Weg gebracht.“

Die Landesanstalt für Umwelt hatte in ihrem jüngsten Grundwasserbericht den „abnehmenden Trend“ bei der Nitratbelastung im Südwesten festgestellt, aber auch gesagt, dass an jeder zehnten Messstelle in Baden-Württemberg noch eine Überschreitung des Schwellenwerts von 50 Milligramm Nitrat auf einen Liter vorhanden sei. An jeder fünften Messstelle im Land werde der Warnwert des Grundwasserüberwachungsprogramms von 37,5 Milligramm Nitrat pro Liter überschritten. Regionale Schwerpunkte der Nitratbelastung seien die Regionen Markgräfler Land, Bruchsal-Mannheim-Heidelberg, der Kraichgau, Stuttgart-Heilbronn, der Main-Tauber-Kreis sowie Oberschwaben.

In Münster haben der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband sowie der Rheinische Landwirtschaftsverband für den 4. April zu einer Demonstration gegen eine neue Düngemittelverordnung aufgerufen. Auf dem Domplatz wollen die Bauern ihren Unmut darüber Luft machen, dass man „die Tierhaltung mit der Brechstange reduzieren will“.