Hohe Geschwindigkeiten erreichen die Mercedes-Rennwagen in der DTM in dieser Saison nur auf der Geraden auf. Foto: Getty

In der Formel 1 kann sich Mercedes nur selbst schlagen, in der DTM ist sie davon meilenweit entfernt. Das Schlimme daran: Auch beim zweiten Lauf in dieser Saison an diesem Wochenende in Oschersleben ist keine Besserung in Sicht.

In der Formel 1 kann sich Mercedes nur selbst schlagen, in der DTM ist sie davon meilenweit entfernt. Das Schlimme daran: Auch beim zweiten Lauf in dieser Saison an diesem Wochenende in Oschersleben ist keine Besserung in Sicht.

Oschersleben - Zuversicht klingt anders. „Es gibt nicht den einen entscheidenden Grund für den Rückstand“, sagt Toto Wolff. Nicht nur der Mercedes-Motorsportchef war nach dem enttäuschenden Saisonauftakt der Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) konsterniert. Pascal Wehrlein war als Elfter bester Sternfahrer. Fast 54 Sekunden nach dem siegreichen BMW-Pilot Marco Wittmann hatte er die Ziellinie in Hockenheim überquert. Ein Desaster, das zum schnellen Handeln zwang.

Drei Tage später wurde Gerhard Ungar entlassen. Der 50-Jährige war nicht nur Vorstandsvorsitzender der HWA AG, sondern auch für die gesamte Entwicklung der C-Klasse-Coupés verantwortlich. Und zwar sowohl für Karosserie, Fahrwerk und Motor. Der gelernte Mechaniker hat zwar mit vielen Geniestreichen in der Vergangenheit für 170 Mercedes-Siege in 364 DTM-Rennen, zehn Fahrer- sowie neun Herstellertitel gesorgt, doch gegen die Armada an Ingenieuren, die die Konkurrenten Audi und BMW in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, war er als Einzelkämpfer chancenlos.

„In den letzten fünf Jahren hat sich die Herangehensweise verändert, Audi und BMW haben sich eine andere Struktur gegeben“, sagt Manuel Reuter, der als ehemaliger ARD-Experte Einblick bei allen drei Herstellern hat. Speziell durch das Comeback von BMW zur Saison 2012 wurde die Schlagzahl noch einmal erhöht. Doch bei Mercedes änderte sich nichts. Nach wie vor ist nur das HWA-Team aus Affalterbach siegfähig, das Team Mücke dient mehr als Feldfüller. Wobei auch in dieser Hinsicht Mercedes nicht das Soll erbringt. Nach sechs Fahrern in der Vorsaison sind dieses Jahr sieben Piloten am Start. Audi und BMW bieten jeweils acht Fahrer auf, die auf vier gleichberechtigte und siegfähige Teams aufgeteilt sind.

Vor der Saison hatte Toto Wolff noch vollmundig verkündet: „Unser Anspruch ist der Titelgewinn. Es ist an uns, unseren Fahrern ein schnelles Auto an die Hand zu geben.“ Das aktuelle C-Coupé wurde zwar schneller, was Gary Paffett mit seiner Trainingszeit bewies, die 0,885 Sekunden besser war als die 2013er Bestzeit des Teamkollegen Robert Wickens. Doch trotz vieler Änderungen gegenüber dem Vorjahr ist der Rennwagen zu langsam. Nicht auf den Geraden, sondern in kurvigen Streckenteilen, weil ihm Abtrieb fehlt.

Nun folgt an diesem Wochenende in Oschersleben eine Rennstrecke mit vielen Kurven. Das nächste Desaster, die nächste Abreibung ist quasi programmiert. Wobei schnelle Erfolge sowieso fast unmöglich sind. Das lässt zum einen das DTM-Reglement nicht zu, das tief greifende Änderungen aus Gründen der Kosteneinsparung untersagt. Das lässt aber auch das Mercedes-Budget nicht zu. Denn schon seit einigen Jahren investieren die Stuttgarter in ihr Tourenwagen-Engagement deutlich weniger als die Konkurrenten Audi und BMW. „Es geht lediglich um Schadenbegrenzung“, sagt Insider Manuel Reuter, „Mercedes muss sich für 2015 und danach neu aufstellen.“ Die Ungar-Nachfolge selbst soll „nach einer umfangreichen Analyse der augenblicklichen Situation“ (Wolff) erfolgen. Wie lange diese Analyse dauern wird? Ist völlig offen.

Die Schadenbegrenzung wird sicher nicht ganz einfach sein. Zumal im DTM-Fahrerlager seit einiger Zeit spekuliert wird, dass bei Mercedes Gelder Richtung Formel 1 abgezogen worden seien. Dagegen wehrt sich Motorsportchef Toto Wolff vehement: „Ich würde gerne mit dem Gerücht aufräumen, dass uns in der DTM auf Kosten der Erfolge in der Formel 1 Ressourcen fehlen. Es wurde kein Budget der DTM in die Formel 1 verlagert.“

Ganz im Gegenteil: Seit dem vergangenen Jahr werden Synergien zwischen beiden Projekten genutzt. „Die Ingenieure aus dem Formel-1- und dem DTM-Projekt tauschen sich regelmäßig in Arbeitsgruppen aus“, erklärt Wolff, „das ist keine Einbahnstraße, sondern sehr rege. Es geht dabei um verschiedene Bereiche wie Kühlung, Bremsen oder Reifen.“ Dass so ein Know-how-Transfer eigentlich nichts Besonderes ist, verdeutlicht er mit einem Seitenblick: „Audi hat das Le-Mans-Programm, da geht es um aerodynamische Effizienz.“

Bis diese Kooperation aber sichtbar Früchte trägt, wird noch einige Zeit vergehen. So lange werden Toto Wolff und die Mercedes-Anhänger ein Wechselbad der Gefühle durchleben. In der Formel 1 helle Freude, in der DTM dunkle Tristesse. Doch dass bei Mercedes eine Kurskorrektur vorgenommen wurde, ist ein positives Signal für die DTM. Deshalb schaut nicht nur Toto Wolff voller Zuversicht in die Zukunft.