Der Datenschutz ist bisweilen eine umständliche Angelegenheit. Foto: dpa

Die Datenschutzgrundverordnung ist europaweit seit dem 25. Mai in Kraft getreten. Erstmals hat es auch in Deutschland ein Bußgeldverfahren gegeben.

Stuttgart - Die fränkische Kreisstadt Roth war bisher nicht gerade unter verschärfter Beobachtung der Europäischen Union. Nun haben sich die offiziellen Vertreter der Kommission zu Wort gemeldet, um den Übereifer der Franken zu bändigen. Die Kommune hatte mit einer Tradition gebrochen, wonach sich Kinder vom Weihnachtsmann etwas wünschen dürfen. Ein Tag bei der Polizei zum Beispiel. Das sei mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht mehr möglich, so die Franken. „Schmarrn“, hieß es dazu von der EU-Vertretung in München. Und weil auch noch ein Radiosender mithalf, ein datenschutzfreundlichen Wunschzettel zu gestalten, dürfen die Kinder nun doch wieder hoffen.

Arbeitskreis „Sanktion" tauscht sich aus

In der Statistik der Datenschutzbehörden werden die fränkischen Wunschzettel also nicht auftauchen. Wie sehr die seit dem 25. Mai dieses Jahres geltende Datenschutzgrundverordnung die Behörden beschäftigt, können diese nicht einmal mit letztendlicher Sicherheit sagen. „Für eine umfassende Statistik“, gesteht Dalia Kues, die Sprecherin der Berliner Datenschutzbeauftragten gegenüber unserer Zeitung ein, „fehlen uns derzeit die Ressourcen“. Die Berliner Behörde führt den Vorsitz des Arbeitskreises Sanktion. In dem treffen sich die „Aufsichtsbehörden mit Bußgeldkompetenz“ zweimal im Jahr, um sich auszutauschen und den Ahndungsprozess abzusprechen.

Wie viele Fälle die Behörden in den Ländern zu bearbeiten haben wird dort nicht notiert. Und auch der bundesweit erste Bußgeldbescheid überhaupt, gegen das soziale Netzwerk Knuddels, wurde dort nicht detailliert diskutiert: „Das werden wir noch im Nachhinein besprechen“, sagt der Landesbeauftragte für Datenschutz in Baden-Württemberg, Stefan Brink.

Nutzernamen unverschlüsselt gespeichert

Das soziale Netzwerk, das nach Angaben seines Geschäftsführers Holger Kujath mehr als 300 000 Nutzer hat und derzeit rund 40 Mitarbeiter beschäftigt, hatte Passwörter seiner Nutzer im Klartext gespeichert – um einen Missbrauch zu verhindern. Das wurde ihm zum Verhängnis, als die Seite im September gehackt wurde. „Am Anfang haben die Betreiber einen schweren Fehler gemacht, dann aber sehr professionell und im Sinne des Datenschutzes mit uns zusammengearbeitet“, sagt Stefan Brink. Knuddels-Geschäftsführer Holger Kujath seinerseits lobt das Augenmaß der Behörde, auch wenn die Strafe schmerze.

Obwohl die Datenschutzgrundverordnung europaweit seit dem 25. Mai in Kraft ist, hat es bisher noch kein Bußgeldverfahren gegeben. Das liegt zum einen daran, dass Verfahren abgearbeitet werden, bei denen die Tatzeit vor diesem Datum lag, und somit eine andere Gesetzeslage galt. Zum anderen haben die Behörden neben dem Bußgeld auch mildere Ahndungsmittel, zum Beispiel Anordnungen. Über deren Zahl wird in Baden-Württemberg keine Statistik geführt, wohl aber über die der Bußgeldverfahren. Stand Donnerstag waren 122 solcher Verfahren erfasst, 75 noch nicht entschieden. Die übrigen wurden eingestellt oder an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. Die Zahl der Online-Beschwerden stieg von 40 im März auf 220 im Oktober.