Körner Druck war einst ein solides schwäbisches Unternehmen – nun muss der Insolvenzverwalter nachvollziehen, wohin das Geld der Firma geflossen ist. Foto: factum/Jürgen Bach

Einst war Körner Druck ein solides Unternehmen. Doch das hat sich geändert. Etwa 220 Mitarbeiter in Ostfildern und Sindelfingen werden voraussichtlich ihren Job verlieren.

Sindelfingen/Maichingen - Dass die Bücher von Körner Druck in Sindelfingen und J. Fink in Ostfildern/Kemnat gelinde gesagt eine Katastrophe sind, beschreibt der Stuttgarter Insolvenzverwalter Dietmar Haffa so: „Der Geschäftsführer war zu wenig achtsam, weswegen die Buchhaltung unvollständig, in sich nicht stimmig und in großer Unordnung ist.“

Den estnischen Geschäftsführer der beiden Unternehmen hat der Jurist und Betriebswirt ein einziges Mal bei Körner Druck getroffen, das war am vorigen Mittwoch gewesen: Als Grund für seine Abwesenheit nennt Erki Katkosild, dass er weitere Unternehmen auch im Ausland habe und daher viel reisen müsse und wenig Zeit habe. Katkosild gibt der Corona-Krise die Schuld am Untergang des Unternehmens. Weil die Grenzen geschlossen gewesen seien, habe er seine Geschäftspartner in Frankreich und Belgien nicht mehr beliefern können, außerdem habe er durch die Krise 30 Prozent seiner Druckaufträge verloren, sagt er. Er versuche jetzt, an Geld von Banken und der Bundesregierung zu kommen, um die Firma zu retten.

Seit Monaten kein Geld mehr

Seit Monaten haben die 140 Mitarbeiter bei Körner Druck und die 80 Mitarbeit bei J. Fink keinen Lohn mehr gesehen. Die meisten von ihnen haben vierstellige Beträge verloren. Nach dem Dafürhalten des Betriebsratsvorsitzenden Victor Pataco hätte Körner Druck schon vor einem Jahr die Insolvenz anmelden müssen. Der Insolvenzverwalter Dietmar Haffa sieht das ähnlich, zumindest hat Haffa Forderungen aus dem Vorjahr gefunden, die noch nicht beglichen worden sind.

An Masse ist kaum mehr etwas da: Die Druckmaschinen sind längst verkauft und vom Unternehmen zurückgeleast worden, die Grundstücke sind ebenso verkauft und wieder zurückgepachtet worden. Das alles verursachte hohe laufende Kosten, denen die Firma nicht gewachsen war. Unter den Angestellten kursierte die Idee, die Tatsache, dass Aufträge von Lidl und Kaufland weggebrochen sind, hätte zur Pleite des Unternehmens geführt. Das ist für Dietmar Haffa nicht unbedingt nachvollziehbar. „In der Regel haben solche Aufträge nur eine geringe Gewinnspanne und dienen dazu, die Kapazitäten auszulasten“, sagt er. Die kleineren Aufträge seien da lukrativer.

Desolate Situation

Der Jurist arbeitet in einem Büro in der Stuttgarter Paulinenstraße zusammen mit seinem Kollegen Holger Blümle an den beiden Insolvenzen von Körner Druck und J. Fink. Er hat in seinen 18 Jahren Tätigkeit für die Kanzlei Schultze & Braun höchstens vier oder fünf Firmen gehabt, die ähnlich desolat gewesen seien, sagt er.

Wie desolat die Situation gerade bei Körner Druck ist, zeigte sich daran, dass die Firma nicht einmal mehr den Strom bezahlen konnte und Notstromaggregate aufstellen musste, damit die Computer der Buchhaltung laufen konnten.

Wie jeder Insolvenzverwalter versteht sich Haffa nicht als Anwalt des Unternehmens, sondern als Anwalt der Gläubiger. Wo immer möglich, versucht er, ein Unternehmen zu retten und Arbeitsplätze zu erhalten. Darüber hinaus sollen alle Gläubiger gerecht behandelt werden, von der Großbank bis zum kleinen Angestellten. Weil er als vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter seine Einnahmen aus der Insolvenzmasse bezieht und kaum etwas da ist, könnte es gut sein, dass er diesen Auftrag bearbeitet, ohne einen Gewinn damit zu machen oder sogar einen Verlust erleidet.

Insolvenzverwalter steht vor einem Scherbenhaufen

Dabei war Körner Druck einst ein grundsolides schwäbisches Unternehmen gewesen – bis zum Jahr 2016. Um den Betrieb zu vergrößern, wurden insolvente Druckereien hinzugekauft, doch die Wachstumsstrategie ging nicht auf, und Körner Druck wurde in die Insolvenz gerissen. Im Dezember kaufte die Circle Media Group aus den Niederlanden Körner Druck und reichte die Firma fünf Monate später weiter an die finnische Printers Media Group. Das war die Dachgesellschaft, unter der Körner und Fink zusammengefasst waren.

Haffa steht nicht nur vor dem Scherbenhaufen, der einmal ein solides schwäbisches Unternehmen war, sondern auch vor einem Berg aus Kontoauszügen und anderen Unterlagen, mit denen er versucht, nachzuvollziehen, wohin das ganze Geld des Unternehmens geflossen ist. Sechs bis sieben Mitarbeiter stehen ihm bei dieser komplizierten Aufgabe zur Seite.

Anfang November sollen die Belege geordnet und ein klares Finanzbild erstellt sein. Haffa rechnet damit, dass die zuständigen Insolvenzgerichte, das Amtsgericht Stuttgart für Körner Druck und das Amtsgericht Esslingen für J. Fink Druck, die Insolvenzen eröffnen werden. Nach Abschluss der Verfahren, die wohl ein paar Jahre laufen werden, wird sich zeigen, welchen Anteil die Gläubiger an ihren Forderungen noch erhalten werden. Viel wird es vermutlich nicht sein.