Auf Expansionskurs: dm-Chef Erich Harsch Foto: dpa

Von der Pleite des einstigen Drogerieriesens Schlecker profitiert dm nicht mehr – und wächst dennoch kräftig. Dieses Geschäftsjahr will die Drogeriemarktkette 140 neue Filialen eröffnen.

Karlsruhe - Wer aggressive Expansionsparolen hören will, darf nicht zur Drogeriekette dm mit Sitz in Karlsruhe fahren. Erich Harsch, Vorsitzender der Geschäftsführung des nach anthroposophischen Grundsätzen geführten Unternehmens, verweist eher auf das Leid der Menschen im Nahen Osten oder auf das der Flüchtlinge in überfüllten Booten auf dem Mittelmeer. Das seien wirkliche Probleme. So wahr das ist – so klar ist auch: Wenn dm seinen Erfolgskurs fortsetzen will, geht das nur unsanft – durch Verdrängung.

Seit der Schlecker-Pleite ist dm Marktführer unter den reinen Drogeriehändlern. Nun will der Konzern den Discountern und Supermärkten im Bereich Drogeriewaren Marktanteile abluchsen – und sein Filialnetz weiter ausbauen. Insgesamt sollen im kommenden Geschäftsjahr (Stichtag: 30.09) 170 Märkte neu eröffnen – darunter sind rund 30 ältere Filialen, die nach einem Umzug wiedereröffnet werden sollen.

Die Lebensmitteleinzelhändler haben einen Marktanteil von 60 Prozent bei Drogeriewaren

Zum Ende des abgelaufenen Geschäftsjahr hatte dm in Deutschland 1622 Märkte. Wie viel Potenzial für weitere Standorte Harsch noch sieht, wollte er nicht sagen, nur so viel: Solange der Lebensmitteleinzelhandel noch einen Marktanteil von 60 Prozent im Bereich Drogeriewaren hat, sieht er bei der Zahl der Märkte Luft nach oben. Auf dm entfallen 22,7 Prozent Marktanteil, 17,5 Prozent teilen sich die verbleibenden Drogeriemarktketten Rossmann und Müller.

Im vergangenen Jahr hat dm konzernweit einen Rekordumsatz von 8,3 Milliarden Euro erzielt. Mit einem Plus von 8,2 Prozent hat sich das Wachstum etwas verlangsamt: In den beiden Vorjahren konnte dm aufgrund des Schlecker-Effekts beim Umsatz noch zweistellige Zuwachsraten verbuchen.

In Deutschland hat die Drogeriemarktkette im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 6,4 Milliarden Euro verbucht, 1,9 Milliarden entfielen auf die elf südosteuropäischen Länder, in denen dm daneben noch aktiv ist. Dort will dm in diesem Geschäftsjahr 70 neue Läden aufmachen.

dm investiert so viel wie nie zuvor

Er sei mit dem Ergebnis sehr zufrieden, sagte Harsch: „Unser überdurchschnittliches Wachstum kann nicht mehr auf den Schlecker-Effekt zurückgeführt werden, sondern es ist die Folge unser eigenen Leistung.“ Die Erschließung weiterer Märkte sei derzeit nicht in Planung, so Harsch und auch beim Online-Geschäft deutet sich nach der Trennung vom Onlinehändler Amazon keine neue Lösung an. Um nicht wie früher Schlecker oder heute Karstadt wegen mangelnder Investitionen die Läden verkommen zu lassen, investiert dm so viel wie nie zuvor: Im abgelaufenen Geschäftsjahr steckte dm 190 Millionen Euro ins Filialnetz – in diesem Geschäftsjahr sollen es mehr als 200 Millionen sein.

Die Karlsruher zählen europaweit mehr als 3000 Märkte, bundesweit arbeiten bei dm über 36 000 Menschen, konzernweit sind es 52 000. An die Beschäftigten in Deutschland wurden zum Ende des Geschäftsjahres rund 13 Millionen Euro im Form von Warengutscheinen ausgeschüttet. Über Fachkräftemangel kann sich dm nicht beschweren. Deutschlandweit haben sich im vergangenen Geschäftsjahr 185 000 Menschen bei der Drogeriemarktkette beworben.