Bodypacker schlucken solche Plomben mit Kokain Foto: dpa

Eine Frau steht vor dem Landgericht Stuttgart, weil sie in ihrem Körper knapp 700 Gramm Kokain geschmuggelt hat.

Stuttgart - Die Frau kommt den Zollbeamten am Flughafen Stuttgart komisch vor: eine Schwarzafrikanerin, angereist im Flieger aus Barcelona, nur mit einer Handtasche unterwegs, obwohl sie angeblich Urlaub machen will. Die Beamten stellen der 26-Jährigen einige harmlose Fragen, die verunsicherte Frau verstrickt sich in Widersprüche. Ein Drogenschnelltest bestätigt den Verdacht.

Das war am 1. November vorigen Jahres. Am Montag sitzt die Frau verschüchtert vor der 7. Strafkammer des Landgerichts auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Einfuhr von Betäubungsmitteln und Beihilfe zu deren Handel. Die gebürtige Nigerianerin, die seit 14 Jahren in Spanien lebt, ist eine Körperschmugglerin, auch Bodypacker genannt. Sie hatte bei ihrer Festnahme sage und schreibe 70 kleine, mit Kokain gefüllte Päckchen im Magen-Darm-Trakt. Gesamtgewicht knapp ein Kilogramm, Kokainmenge 690 Gramm.

In einer Klinik halfen ihr Ärzte, die Plomben auszuscheiden. Und sie stellten fest, dass die junge Frau in der 6. Woche schwanger war. Es kam zu einer Frühabtreibung.

Vor Gericht legt die ledige Frau wie schon kurz nach ihrer Festnahme ein Geständnis ab. Sie habe in Spanien, erst in Valencia, dann in Barcelona, zuletzt wieder in Valencia immer als Zimmermädchen gearbeitet. So brachte sie ihre beiden acht und fünf Jahre alten Kinder durch. Ab Juni 2014 sei sie arbeitslos gewesen. „Ich brauchte Geld für meine Kinder“, sagt sie. Ein Bekannter namens Tyson wollte ihr nichts leihen, habe sie aber an einen Frank vermittelt.

„Niemand gibt Geld für umsonst“, habe dieser Frank gesagt – und ihr einen Job angeboten. Sie solle die Kokaincontainer schlucken und nach Stuttgart bringen. Dort solle sie mit der S-Bahn nach Ludwigsburg fahren, wo der Kontaktmann warte. Das Flugticket liege schon bereit. „Ich habe Angst bekommen und wollte nicht“, sagt die 26-Jährige. Dann, so hieß es, müsse sie aber das Flugticket bezahlen. Für ihren Dienst als Drogen-Maulesel, wie Bodypacker auch genannt werden, bekomme sie 2100 Euro. „Also habe ich in Valencia bei Frank in der Wohnung die 70 Päckchen geschluckt“, sagt die junge Frau. Das sei sehr schwer gewesen. Ob ihr klar war, in welche Gefahr sie sich dabei begeben hat, bleibt unbesprochen.

Körperschmuggel ist lebensgefährlich. „Wenn nur eine Plombe undicht gewesen oder geplatzt wäre, hätte sie das mit dem Leben bezahlt“, sagt Verteidiger Markus Bessler. Er hebt hervor, seine Mandantin habe von Beginn an versucht, Aufklärungshilfe zu leisten. Vor der 7. Strafkammer wiederholt die 26-Jährige ihre Aussage. Die Telefonnummer Franks sei in ihrem Handy gespeichert. Frank lebe in Valencia, habe eine Frau und einen Sohn und gehe in die selbe Kirche wie sie selbst. Den Kontaktmann in Ludwigsburg kenne sie dagegen nicht. Diese Angaben waren den Ermittlern offenbar zu vage – was Bessler kritisiert. Man habe bei den spanischen Behörden nicht einmal ein Strafverfolgungsersuchen gestellt.

Seine Mandantin habe das ihr Mögliche getan, so Bessler. Deshalb komme auch die im Betäubungsmittelgesetz vorgesehene Kronzeugenregelung in Betracht. Davon will der Staatsanwalt nichts wissen. Er würdigt das Geständnis der Angeklagten, fordert aber drei Jahre und neun Monate Gefängnis. Bessler will eine Bewährung.

Die Richter der 7. Strafkammer verurteilen die nicht vorbestrafte Frau schließlich zu zwei Jahren und neun Monaten. Sie sehen die persönliche Notlage, in der sich die junge Mutter befunden habe. Außerdem würden die sechs Monate U-Haft abgezogen. Nach der verbliebenen Hälfte der Strafe werde die Frau wahrscheinlich abgeschoben.