Die Uni Hohenheim ist darauf angewiesen, Drittmittel einzuwerben. Foto: Archiv Rüdiger Ott

Die Wissenschaftler an der Uni Hohenheim sind darauf angewiesen, für ihre Forschung Drittmittel einzuwerben. Dadurch setzen sie sich aber auch dem Vorwurf der Auftragsforschung aus.

Hohenheim - Sie sind es schlichtweg leid, ständig Anträge schreiben zu müssen. Und sie machen keinen Hehl daraus. Fast schon zwangsläufig driften die Gespräche in den Büros der Hohenheimer Professoren in Richtung Drittmittel. Einige Forscher sehen im erfolgreichen Werben um Geld eine Steigerung ihres Renommees und eine Bestätigung ihrer Arbeit. Für andere Lehrstuhlinhaber gehört es einfach dazu, sie arrangieren sich. Manche jedoch ärgert es, dass sie immer mehr Zeit damit verbringen, in den verschiedenen Töpfen nach Geld für ihre Doktoranden zu fischen. Zeit für die eigene Forschung bleibt da kaum. Inzwischen muss fast jeder vierte Euro, der an der Uni ausgegeben wird, mühsam eingeworben werden.

Das weiß auch der Hohenheimer Rektor Stephan Dabbert. „Ein wesentlicher Teil der Forschung ist nur durch Drittmittel möglich“, sagt er. „Vor 30 Jahren konnte das noch aus Eigenmitteln bezahlt werden.“ Heute reicht das Geld, das die Hochschule vom Land bekommt, gerade einmal aus, um die grundlegende Infrastruktur für die Wissenschaftler aufrecht zu erhalten. „Und das nicht ohne Schwierigkeiten“, sagt der Rektor. Es geht um Computer, Laborausstattungen, den Betrieb von Versuchsstationen, die Übernahme von Reisekosten. Spezielle Wünsche wie ein Versuchsaufbau in einem Satelliten, um die Auswirkungen der Schwerelosigkeit zu erkunden, können so nicht erfüllt werden.

Es gibt den Vorwurf, Auftragsforschung zu betreiben

Die Professoren sind deshalb gezwungen, auch außerhalb für ihre Forschungsarbeit zu werben. Insgesamt flossen im vergangenen Jahr 27,8 Millionen Euro an Drittmitteln nach Hohenheim. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum wurden vom Land 82,2 Millionen überwiesen. Dieses Geld wurde zu einem überwiegenden Teil für Personalkosten, den Unterhalt der Gebäude oder das Bezahlen der Stromrechnung verwendet. Das Jahresbudget betrug insgesamt rund 122 Millionen Euro.

Die Wissenschaftler setzen sich durch die gängige Praxis dem Vorwurf aus, sie würden Auftragsforschung betreiben und zum verlängerten Arm von Entwicklungsabteilungen großer Firmen verkommen. 2011 etwa kamen 4,8 Millionen Euro von privaten Geldgebern, also Firmen und Stiftungen. Aus den Töpfen des Bundesforschungsministeriums, des Wirtschaftsministeriums und anderer Berliner Ministe-rien flossen hingegen 9,8 Millionen Euro nach Hohenheim. 6,3 Millionen Euro stammen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 3,6 Millionen Euro von der EU.

Auch Drittmittel sind Steuergelder

Joachim Sauerborn, der Leiter des Fachgebiets Agrarökologie der Tropen und Subtropen, schaffte es im Jahr 2011, 2,8 Millionen Euro zu bekommen. Mit dem Geld will er erforschen, wie sich die Naturkautschuk-Plantagen in Asien nachhaltiger gestalten lassen. Er ist mit diesem Betrag der Spitzenreiter in der Hohenheimer Rangliste der Drittmittelwerber. Iris Lewandowski, die Leiterin der Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen, bekam 678 000 Euro, um Neuzüchtungen des Energiegrases Miscanthus zu entwickeln. Damit landete sie 2011 auf Platz zwei. Die Zahlen für das aktuelle Jahr liegen noch nicht vor.

„Vom Grundsatz bin ich eigentlich der Meinung, dass Universitäten so ausgestattet werden müssen, dass sie auch forschen können, ohne Drittmittel einzuwerben“, sagt Dabbert. „Denn die Forschung ist unsere Hauptaufgabe.“ Unterm Strich sind Drittmittel aber auch nur Steuergelder, die auf einem anderen Weg nach Hohenheim fließen – und dieser ist mit viel Schreibarbeit verbunden. Das ist so gewollt. Nach dem Prinzip Konkurrenz belebt das Geschäft soll das Geld dort eingesetzt werden, wo die besten Forschungsergebnisse erzielt werden.

Die Uni wirbt ihrerseits mit dem erfolgreichen Werben ihrer Wissenschaftler. Regelmäßig werden Rankings veröffentlicht. So ist es den Hohenheimern etwa in den vergangenen Jahren laut dem DFG-Förderatlas gelungen, bundesweit die meisten Fördermittel in den Agrarwissenschaften einzuheimsen.