Claus-Dieter „Pele“ Wollitz zeigt sich bei der Trainingseinheit von Energie Cottbus in Benningen als nahbarer Coach und freut sich über die Fans aus der Region.
Nahbar, gesprächig, als Coach zum Anfassen – so präsentiert sich Claus-Dieter „Pele“ Wollitz am Samstag bei einer Trainingseinheit von Energie Cottbus im Talauenstadion in Benningen. Berührungsängste kennt der 59-Jährige nicht. Zur Freude von Jens Nieder, der mit Cottbus-Schal und passendem Hoodie die Nähe der Kulttrainers sucht. Erst gibt es ein Selfie, dann ein kurzes Gespräch. Nieder lebt mit seiner Familie in Steinheim, ist aber in Cottbus geboren und mit sieben Jahren in den Enz-Murr-Kreis gezogen. Die Oma wohnt immer noch in der Lausitz. Schon sein Vater war Fan von Energie. Das prägt.
Fünf Spiele hat Jens Nieder in dieser Saison schon live mit erlebt mit seinem Herzensclub. Am Sonntag wird er mit 18 Freunden in Großaspach die Partie in der 3. Liga gegen den VfB Stuttgart II verfolgen. „Wollitz ist der perfekte Coach für den Verein. Mal schauen, was noch möglich ist in der Saison“, sagt Jens Nieder und nimmt seine Tochter Emma auf den Arm, die sich auch einen Energie-Schal angezogen hat. Die Nieders sind nicht die einzigen Cottbus-Anhänger beim Training. Der Club hat noch weitere Fans in der Region.
Das freut auch den Coach. „Pele“ Wollitz ist eine Legende in der Lausitz, einer, der für Fußball-Leidenschaft steht, wie kaum ein anderer. Seine emotionalen Ausbrüche an der Seitenlinie sind legendär. Was Kritiker für cholerisch halten, empfinden die Lausitzer als authentisch. Doch der gebürtige Brakeler ist ruhiger geworden, seit er auch das Amt des Sportdirektors neben dem Trainerjob übernommen hat.
Der Coach ist Figur und Gesicht von Energie Cottbus
Wollitz trainiert mit der Mannschaft auf dem Rasen und hat keinen Blick auf den Kunstrasen der Benninger. Deshalb kann er auch das Trikot nicht sehen, dass am Metallzaun hängt und auch nicht die Kerzen und Blumen, die noch immer für den verstorbenen Spieler Prince da Silva abgelegt werden. Sein Schicksal hat viele Menschen bewegt und lässt auch den Trainer nicht kalt, als er von der traurigen Geschichte des 19-Jährigen erfährt, der nach einem Zusammenbruch bei einem Testspiel vor drei Wochen nicht mehr aufgewacht ist. Wollitz interessiert sich auch für die Spendenaktion des TSV 1899 Benningen, damit die Rückführung von da Silva in seine Heimat, den Benin, möglich werden kann. „Ich werde das an die Pressestelle weiter geben. Wir werden auch etwas dazugeben“, sagt Wollitz.
Der Coach ist prägende Figur und Gesicht von Energie Cottbus. Es ist sein drittes Engagement beim Verein in Brandenburg. „Ich habe mir das 2019 reiflich überlegt, ob ich das noch einmal mache“, sagt der Trainer. Der Vorstand hatte seit seiner letzten Amtszeit gewechselt. Er habe Vertrauen gespürt. Und jetzt ist es beim dritten Anlauf eine richtige Erfolgsgeschichte geworden zwischen Energie und dem Energiebündel. Im vergangenen Sommer ist Cottbus die lang ersehnte Rückkehr in die 3. Liga gelungen - nach einer fünfjährigen Durststrecke. Jetzt ist Energie die Überraschung der Liga und der direkte Durchmarsch in die 2. Liga scheint längst nicht mehr ausgeschlossen.
Stadion der Freundschaft wird saniert
Trotz Tabellenführung will Trainer von größeren Zielen (noch) nichts wissen – und erreicht sie vielleicht trotzdem. „Es gibt keine dankbaren Gegner in der Liga“, sagte er vor dem Duell gegen den Tabellenachtzehnten VfB Stuttgart und sollte recht behalten, denn sein Team unterlag mit 0:2. Cottbus bleibt Erster, hat es aber verpasst, den Vorsprung auf Verfolger Dynamo Dresden auszubauen, das ebenfalls gepatzt hatte.
Zuletzt gab es aber auch gute Nachrichten für den Coach. Das Stadion der Freundschaft muss für 2,5 Millionen Euro saniert werden, um zweitligatauglich zu werden und eine Lizenz beantragen zu können. Die Stadt hat ihre finanzielle Unterstützung zugesichert für eine kurzfristige Instandsetzung. Nun liegt es an der Mannschaft, den sportlichen Teil des Erfolgs zu vollenden.
Der Verein ist für viele Heimat und Hoffnung. „Der Klub ist stark, der Klub hat eine Wucht“, sagt Wollitz. Vor der Saison hatte er angekündigt, 2025 aufhören zu wollen mit dem Trainerjob. Er ist dabei umzudenken: „Das ist mein Lieblingsberuf. Ich bin offen, aber ich lasse meine Arbeit nicht länger nur nach Niederlagen und Siegen bewerten.“