Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) gerät in höchste Gefahr Foto: ARD Degeto/Julie Vrábelová

Auch der dritte „Allmen“-Krimi mit Heino Ferch als versnobtem Kunstdetektiv und Samuel Finzi als treuem Mitstreiter ist optisch und akustisch ein Genuss.

Zürich - Die ARD-Reihe mitHeino Ferchals reichlich versnobtem Zürcher Kunstdetektiv fällt in vielerlei Hinsicht aus dem Rahmen des üblichen TV-Krimis, denn eigentlich gibt es solche Filme gar nicht mehr. Schon die nostalgische Gestaltung des Vorspanns verdeutlicht die Verwurzelung des Helden in einer anderen Zeit. Johann Friedrich von Allmen ist ein Gentleman alter Schule, der sein Dasein nach der Devise Oscar Wildes gestaltet: Er ist mit dem Besten zufrieden. Weil sein Status als verarmter Adliger ein ausschweifendes Leben nicht mehr ermöglicht, stellt er betuchten Menschen seinen Sachverstand zur Verfügung, um verschwundene Kunstwerke von außerordentlichem Wert aufzutreiben. Ausgerechnet während eines Schäferstündchens mit seiner Freundin Jojo (Andrea Osvárt) im vornehmen Grand Hotel wird dort ein wertvolles Dahlien-Gemälde gestohlen. Der Dieb geht dabei ebenso clever wie skrupellos vor; Leichen pflastern förmlich seinen Weg. Allmen wird allerdings eher unfreiwillig in den Fall hineingezogen. Die uralte Besitzerin des Domizils (Erni Mangold), eine der reichsten Frauen der Schweiz, lässt ihm keine Wahl, und so gerät er in einen Strudel aus Eifersucht und Leidenschaft, der am Ende seinen treuen Gefährten Carlos (Samuel Finzi) zu verschlingen droht.

Selbst wenn der Film sonst nichts zu bieten hätte: Es ist eine wahre Freude, Heino Ferch und Samuel Finzi zuzuhören. Die Geschichten hat sich der Schweizer Schriftsteller Martin Suter ausgedacht (die „Allmen“-Romane erscheinen bei Diogenes), aber die Drehbücher sind von Martin Rauhaus, und der hat den beiden Hauptdarstellern Dialoge geschrieben, wie sie sich Schauspieler nur erträumen können. Deshalb funktionieren ausnahmsweise selbst die inneren Monologe der Hauptfigur, zumal Allmen auf diese Weise sogar einen Dialog mit selbst führen kann. Während der ungemein belesene Adelige seine Mitmenschen fast schon zwanghaft als wandelnder Zitatenschatz mit einem geradezu enzyklopädischen Wissen beeindruckt (oder auch nervt, je nachdem), ist der aus Guatemala stammende pragmatische Skeptiker Carlos ungleich stärker im Hier und Jetzt verwurzelt. Finzi versieht diesen Mann, den Allmen als Diener bezeichnet, der aber eher ein Dr. Watson als ein Sancho Pansa ist, mit einem knochentrocken vorgetragenen Humor. Seine beste Szene hat Carlos, als er zum Hochstapler avancieren muss, sich dabei als Musterschüler erweist und genauso blasiert daher schwafelt wie sein Chef.

Die Schauplätze des Films sind erlesen

Ganz entscheidenden Anteil am besonderen Status des Films haben die Bilder und die Musik. Regie führte erneut „Kommissarin Lucas“-Schöpfer Thomas Berger, der die Geschichte gemeinsam mit dem Kameramann Frank Küpper auch diesmal wieder in mondäne Aufnahmen bettet. Die Schauplätze sind ohnehin erlesen, aber Küpper, einer der besten seines Fachs, sorgt immer wieder für ein zauberhaft schönes Licht. Der Schweizer Komponist Fabian Römer, auch er ein Meister, hat dazu gemeinsam mit Matthias Hillebrand-Gonzalez die passende Musik geschrieben. Er unterlegt die Szenen mit schwungvollen Klängen, die an elegante Hollywood-Produktionen über groß angelegte Raubzüge erinnern, sogenannte Heist-Movies im Stil von „Ocean’s Eleven“, in denen ein genialer Kopf raffinierte Raubzüge ersinnt. Die Musik verleiht dem Film eine beschwingte Note, dabei geht es stellenweise durchaus brachial zu; für einen Krimi, der vor allem ein intellektuelles Vergnügen darstellt, gibt es überraschend viele Tote.

Wie schon in den beiden 2017 ausgestrahlten anderen Episoden der Reihe („Allmen und das Geheimnis der Libellen“, „Allmen und das Geheimnis des rosa Diamanten“) ist die Handlung reizvoll verzwickt, und selbstredend spielt auch diesmal eine Frau eine entscheidende Rolle. Drahtzieher des Raubs ist nach Allmens Ansicht der Nachtklubbesitzer Rebler (Mehdi Nebbou), der mit dem Gemälde seine Freundin Dalia (Katharina Schüttler) erfreuen will. Die Dame gilt als eine der angesehensten Psychoanalytikerinnen Zürichs und will nicht glauben, dass ihr Lebensgefährte über Leichen gehen würde, zumal er eine politische Karriere anstrebt. In den Raub ist außerdem noch ihr Dalias -Freund (Florian Stetten) verwickelt, was die Sache nicht gerade einfacher macht. Dass sie den Detektiv als Narzissten durchschaut, immunisiert sie keineswegs gegen seine Avancen; aber dann begeht ausgerechnet Allmen einen entscheidenden Fehler.

Udo Samel spielt in einer kleinen, aber wichtigen Nebenrolle mit

Eine kleine, aber wichtige und sehr schöne Rolle hat Udo Samel als verhindertes Mal-Genie, das für gleich zwei Schlussknüller sorgt. Der eine ist zu erwarten und daher nicht ganz so überraschend, aber der zweite ist ziemlich verblüffend. Auch andere Nebenrollen sind namhaft besetzt (etwa mit Christina Hecke als Managerin des Grand Hotels); ein weiteres Zeichen dafür, dass die ARD-Tochter Degeto die Allmen-Filme als Prestigeprojekte betrachtet. Einzige Schwäche des ansonsten jederzeit schlüssigen Drehbuchs ist der Umgang mit Carlos’ Freundin Maria (Isabella Parkinson): Die Figur läuft kaum integriert neben der Handlung her, als habe Rauhaus nicht viel mit ihr anfangen können. Das ist als Manko jedoch leicht zu verschmerzen, zumal Rauhaus seinen Helden immer wieder Lehrsätze von sich geben lässt, die Menschen mit entsprechender Neigung in einem Buch dick unterstreichen würden: Risiko, belehrt Allmen den zaudernden Carlos, sei das Gewürz, das der Gleichförmigkeit des Daseins „den Hauch der Ewigkeit verleiht.“

„Allmen und das Geheimnis der Dahlien“, 13.7., ARD, 20.15 Uhr