Auf der Suche nach frischen, unverbrauchten und vor allem reichen Männern (von links): die Vorstadtweiber Vanessa (Hilde Dalik), Caro (Martina Ebm), Maria (Gerti Drassl), Nicoletta (Nina Proll) und Waltraud (Maria Köstlinger). Foto: SWR

Die „Vorstadtweiber“ sind zurück – endlich. Die Serie aus der noblen Wiener Gesellschaft lohnt nicht nur wegen der aufwendigen Kostüme und irrwitzigen Dekorationen.

Stuttgart - Forscher haben längst bewiesen: Der Mensch schwindelt bei jeder Gelegenheit und bis zu 200 Mal am Tag. Maria ist deshalb pragmatisch. „Es lügt doch eh jede“, sagt sie, „da kommt es auf eine Lüge mehr oder weniger auch nicht an.“ Ausgerechnet Maria (Gerti Drassl), die als einzige noch einen Rest Anstand zu haben schien. Aber seitdem die biedere Hausfrau ihren bösartigen Ehemann in der Garage mal eben gegen die Wand gefahren hat, hat auch sie Gefallen gefunden an den Intrigen und Demütigungen der besseren Gesellschaft. In Sachen Hinterhältigkeit hat auch sie ihre Lektion gelernt.

Die „Vorstadtweiber“ sind zurück. Nach eineinhalb Jahren Pause zeigt die ARD nun dienstags im Spätprogramm die dritte Staffel der erfolgreichen österreichischen Serie rund um die berechnenden Luxusfrauen aus der noblen Wiener Gesellschaft, die nur eines im Sinn haben: ihre Ehe- und Exmänner „wie Senftuben auszudrücken“. „Vorstadtweiber“ bestätigt alle Vorurteile über die Schönen und Reichen, die angeblich über Leichen gehen oder einen Widersacher gern auch mal aus dem Fenster stoßen. Oder wie die ARD verspricht: „Es wird schmutzig!“

Die beiden Deutschen sind nicht mehr dabei

Soviel darf verraten werden: Waltraud (Maria Köstlinger) hat überlebt, dass sie von Kommissar Jörg Pudschedl (Thomas Mraz) angeschossen wurde. Wobei – war er es überhaupt? Jetzt zumindest sitzt er im Knast, und Waltraud wacht nach Wochen aus dem Koma wieder auf, umringt von den vermeintlichen Freundinnen Maria (Gerti Drassl), Caro (Martina Ebm) und Nicoletta (Nina Proll). Das Vierergespann samt Männern, sofern noch am Leben, steht auch im Zentrum der neuen Staffel. Nicht mehr dabei sind dagegen die beiden Deutschen – Adina Vetter als Sabine und ihr Berti, der Lobbyist Bertram Selig, den Vetters Ehemann Lucas Gregorowicz gespielt hat. Nun ist es Vanessa (Hilde Dalik), die wie einstmals Sabine versucht, ihren Abstieg aus der Vorstadt zu verhindern. Da ihr Mann erfahren hat, dass er nicht der Vater ihrer Kinder ist, muss sie für einen Gebrauchtwagenhändler Autos putzen.

Aber auch bei anderen geht es bergab. Eben waren sie noch hoch gehandelt in der Politik, jetzt sind der Ex-Banker Hadrian „Hadi“ und der Schnitzler (Philipp Hochmair) abgestürzt und schlurfen mit Plastiktüte und in Badelatschen zum Supermarkt, um sich mit Schnaps und Bier einzudecken. „Wir sind so ’was von beschädigte Ware“, sagt Hadi (Bernhard Schir). Rasiert haben sie sich auch schon lange nicht mehr. Ihr Mantra: „Du bist raus“. Kein Wunder, dass sich die Frauen einig sind: „Wir brauchen neue Männer, frische, unverbrauchte, ehrliche, reiche, fesche, Männer.“ Einer taucht auch schon am Krankenbett von Waltraud auf – der attraktive Pfleger.

Mitunter geht es auch sehr deftig zu

Dem Drehbuchautor Uli Brée und der Regisseurin Sabine Derflinger scheint nichts Menschliches fremd zu sein. Sie gehen gern über die Schmerzgrenze und lassen ihre Figuren mit einer solchen Selbstverständlichkeit Gemeinheiten begehen, dass die Serie polarisiert. Nicht alle mögen, wie hier unter die Gürtellinie geschlagen wird – und dass es manchmal deftig zugeht: „Geh ‘ scheißen!“

Trotzdem verkommen die Charaktere nicht zur Karikatur. Die Figuren teilen aus, betrügen und belügen sich, aber sobald sie selbst reingelegt werden, sind sie plötzlich ganz Mensch und fast schon bedauernswert. Das macht den Reiz der Serie aus, dass hier nicht nur Gut gegen Böse, sondern auch die Widersprüche in den Figuren selbst ausgespielt werden. So ist Georg (Juergen Maurer) nach seinem Unfall zwar noch in kläglicher Verfassung, aber das hindert ihn nicht, seine Frau Maria weiter zu schikanieren. Deshalb macht Maria in der neuen Staffel Ernst: Sie will sich endgültig trennen von dem fiesen Kerl, zumal er obendrein schwul ist.

Das Team hat keine Mühe gescheut, weshalb auch die neue Staffel eine irrwitzige, mit zahlreichen Winkelzügen gespickte Farce geworden ist, aus der die Beteiligten sich immer wieder freischwimmen – um im nächsten Sumpf zu landen. Höchst sehenswert sind auch die Kostüme (Isabelle Derflinger) und die aufwendige Ausstattung (Ina Peichl). Die exzentrischen Stoffe, Farben, Schnitte sind ein Augenschmaus, jeder goldschimmernde Knopf ist ein Spiegel der Seele. So lohnen sich die „Vorstadtweiber“ allein schon wegen der anspruchsvollen Optik – und ganz besonders wegen der aberwitzig großflächigen Blumentapete in der Wohnung von Maria und Georg.

Am Dienstag, 6. Februar, strahlt die ARD ab 23.15 Uhr die erste Doppelfolge der dritten Staffel von „Vorstadtweiber“ aus