Der Schwede Mathias Edenborn ist der Krolock, die ­Italienerin Veronica Appeddu die Sarah beim dritten „Tanz der Vampire“ in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Immer wenn in Deutschland ein Musicaltheater schwächelt, muss „Tanz der Vampire“ ran: Nach dem „Rocky“-Flop feiert der Klassiker am Donnerstagabend seine dritte Spielzeit in Stuttgart – in der Heimat der dunklen Gesellen. Vom Vorverkauf ist die Stage Entertainment begeistert.

Stuttgart - „Diese Liebe endet nie“ – mit diesen vier Worten wirbt „Tanz der Vampire“. Ewigkeit indes ist relativ. „Nur für kurze Zeit“, steht auf den Plakaten.

Die Vampire von Roman Polanski, die vor 50 Jahren zum ersten Mal für die Hollywood-Horrorkomödie des Oscar-Preisträgers ihre Gruft verlassen haben, sind nicht tot zu kriegen. Dabei wäre es gar nicht so schwer, ihr Ende herbeizuführen. Sofern sich der kauzige Professor in dem vor fast 20 Jahren in Wien uraufgeführten Musical nicht täuscht. Man muss nur, erklärt er, einen Holzpflock zwischen der sechsten und siebten Rippe ansetzen – und dann: Rumms!

Klagen über die hohen Eintrittspreise

Doch was wäre die Musicalwelt ohne ihre Untoten? Ein temporeicher Ritt mit Jägern der Nacht würde den überwiegend weiblichen Fans entgehen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als wie Sarah von Krolock geschnappt zu werden. Beißen, saugen, ein verborgenes Verlangen ausleben und dabei ewige Liebe schwören! Bis Ende August ist’s im Palladium-Theater wieder möglich.

Auf den Fanseiten des Musicals mögen die hohen Eintrittspreise (samstags kosten die Karten zwischen 83,90 und 169,90 Euro, werktags zwischen 49,90 und 135,90 Euro) heftig kritisert werden – der Vorverkauf indes läuft laut Stage Entertainment bestens. „Wir haben die selbst gesteckten Verkaufsziele bereits deutlich übertroffen“, freut sich Unternehmensprecher Stephan Jaekel. Die „treuen Fans“ ließen die Show nicht im Stich. Aber auch viele „Neukunden“ kämen hinzu, die „neugierig auf das Stück sind, das in Stuttgart eine besondere Reputation genießt“. Zu den Klagen über die teuren Karten sagt Jaekel: „Unsere Preise reflektieren die hohe Qualität der Show und den mit ihr verbundenen Kostenaufwand eines nicht subventionierten Kulturunternehmens.“

Kevin Tarte wird von den Fans vermisst

Die Besetzungsliste ist der zweite Grund, warum bei den Fans der Blutdruck steigt. Für den in Schweden geborenen Mathias Edenborn, den neuen Chef-Vampir, ist es nicht leicht, in Internetforen ständig lesen zu müssen, Kevin Tarte, der erste Graf von Stuttgart, wäre die bessere Wahl für die Hauptrolle. Kollege Jan Ammann, von dem es heißt, dass er auch noch in Stuttgart ins Krolock-Gewand schlüpft, hat bei Facebook um Fairness gegenüber dem Neuen gebeten. „Jeder hat ein Recht auf seine eigenen Meinung“, sagt Edenborn. Der frühere Fußball-Profi will keine Kommentare mehr lesen, sondern sich auf die Rolle konzentrieren und die großen Fußstapfen ausfüllen, die Vorgänger Tarte hinterlassen hat. Dass der von vielen Fans vermisste Ur-Krolock doch noch in der Heimat der Vampire zum Einsatz kommt, wünscht sich Frl. Wommy Wonder: „Dann fallen wir Mädels reihenweise in Ohnmacht.“ Kevin Tarte könne sich „gern in mich verbeißen“, sagt die Travestiekünstlerin. Seine Fans sind nach dem donnernden Schlussapplaus natürlich enttäuscht und sagen, der Neue habe nicht die Kraft und Tiefe vonTarte, den die Stage Entertainment nicht mal für die Premiere eingeladen hat

Im Herbst soll „Bodyguard“ kommen

Auch wenn die in nun in Stuttgart gezeigte Tourneeproduktion des Musicals eine abgespeckte Version der Original-Inszenierung ist (weniger Musiker im Orchestergraben, eine kleinere Wendeltreppe, eine vereinfachte Spiegelsaalszene), wird die Wucht der Erfolgsshow nicht weniger bombastisch.

Zu den Wiederholungstäterinnen zählt „Landesschau“-Moderatorin Tatjana Geßler. Dreimal hat sie ihr „absolutes Lieblingsmusical“ gesehen und schwärmt besonders für Kulissen und Kostüme. Neu beim Vampirsball sind Ringer Frank Stäbler und Sängerin Jenny Marsala. Die Künstlerin Iren Caren von Württemberg ging mit einem festen Vorsatz in die Show: „Von meinem Blut geb’ ich nix!“

Nur für ein halbes Jahr sind die Vampire als schnelle Blutzufuhr nach dem vorzeitigen Knockout des Musicals „Rocky“ nach Stuttgart geeilt, um mit Särgen die Umsätze zu retten. Auch die Tanz-Show „Chicago“ war für den Musicalmarktführer zum Verlustgeschäft geworden. Im Herbst ziehen die Nachtgestalten weiter nach Wien, wo man den 20. Geburtstag des Musicals feiert.

In Stuttgart wird dann mit „Bodyguard“ gerechnet. Noch bestätigt dies die Stage nicht. Für Köln, wo das Musical nach dem gleichnamigen Hollywood-Hit momentan gespielt wird, kann man nur bis September Karten kaufen. Und wenn Mary Poppins irgendwann auf dem Zahnfleisch daherkommt, könnte man – ja was wohl? Rums! Die Zähne der Vampire ziehen in ihrer Heimat Stuttgart immer.