Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner will seiner Partei aus dem Jammertal führen Foto: dpa

Die FDP will wieder durchstarten. Nach den Wahlschlappen im Bundestag und in drei Landtagen hofft sie auf Aufwind bei den Wahlen in Hamburg und Bremen 2015 – und natürlich in Baden- Württemberg 2016. Ein neues Logo und ein neues Programm sollen den Durchbruch bringen.

Stuttgart - Die Trauerzeit ist vorbei. Die FDP setzt nicht nur auf helleres Blau, grelleres Gelb und zusätzlich noch Magenta, bisher vor allem die Farbe der Telekom. Sie überrascht beim traditionellen Dreikönigstreffen am Dienstag im Stuttgarter Opernhaus auch mit einem neuen Auftritt. Die Redner können sich nicht mehr wie in früheren Jahren hinter einem Rednerpult verschanzen. Sie treten der Reihe nach in den hellblauen Kreis auf der Bühne und präsentieren unter dem Motto „Es geht um unsere Land“ den neuen Kurs der FDP – eine Mischung aus Politik, Kabarett und Verkaufsschau für die eigenen Mitglieder, aber auch einige Interessierten.

Einer der Neulinge im Publikum ist Berthold Leibinger. Der frühere Chef des Maschinenbauers Trumpf, eigentlich CDU-Mitglied, ist extra vorzeitig aus dem Skiurlaub zurückgekehrt, um sich die Reden der FDP-Vorkämpfer anzuhören. Ohne die Liberalen würde eine wesentliche Kraft im Land fehlen, begründete der 84-Jährige seinen Besuch.

Das findet auch FDP-Chef Christian Lindner, der seine Partei nach der verpatzten Bundestagswahl 2013 und dem Rauswurf aus den Landtagen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen 2014 aus dem Jammertal führen soll. Angesichts von „schwarzen, roten und grünen Sozialdemokraten im Bundestag“, die nur nach dem Staat riefen, brauche es dort wieder eine Partei, die die Selbstverantwortung und das Engagement des Einzelnen in den Blick nehme, sagt Lindner. Eine Partei, die sich bei wichtigen Fragen wie etwa der Energiewende nicht mit Umverteilung begnüge, sondern die Zukunft optimistisch gestalte, „denn die besten Zeiten für Deutschland und für Europa liegen noch vor uns.“ Deutschland müsse mehr für die Bildung tun, um mit den Elitehochschulen in den USA und den Kaderschmieden in China mithalten zu können – dazu gehöre auch, das die 16 Bundesländer endlich aufhörten, miteinander zu wetteifern, wer den besten pädagogischen Ideologien folge. Die Schulen müssten die „Kreidezeit“ endlich verlassen und mit modernen Medien und Methoden lernen.

Auch Themen wie Bürgerrechte und Marktwirtschaft kommen den Liberalen zu kurz. Seit die Liberalen nicht mehr im Bundestag seien, sei das Steuerrecht aus dem Blick geraten – die Vision von einer vereinfachten Steuer müsse bleiben, fordert Lindner. Es sei ein Fehler gewesen, dass die FDP 2010 zugelassen habe, das Merkel das Thema zu den Akten legte. „In meinem politischen Leben wird mir so etwas nicht noch einmal passieren“, sagt der 35-Jährige, der damals bereits zur Parteispitze gehörte. So viel Selbstkritik muss sein, bevor er die anderen Parteien attackiert. „Ich will nicht in einem Land leben, das mehr Bedenken als Garagen hat“, sagt er und fordert mehr Freiräume für Firmengründer. „In den USA arbeiten junge Talente in ihren Garagen, bei uns müssen sie in Ämtern auf die Genehmigung warten.“ Mit solchen Bemerkungen bringt er viele auf seine Seite. Auch, als er sich von der islamfeindlichen Pegida-Bewegung und der Alternative für Deutschland (AFD) distanziert, an die auch die Liberalen Wähler verloren haben. „Die AFD ist das Gegenteil von allem, was uns Liberalen heilig ist.“ Allerdings dürften Menschen, die sich Sorgen über die Zuwanderung machten, nicht pauschal als „Mischpoke oder Nazis in Nadelstreifen“ beschimpft werden.

„Wir geloben, dass wir nicht nur in den Landtag, sondern auch in die Regierungsverantwortung zurückkehren“, erklärt Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke und schaltet dann auf Attacke. Der Landesregierung fehle es am Willen zu sparen, sie wolle die Bürger in allen möglichen Bereichen von Ernährung bis Hausbau bevormunden und blockiere die Wirtschaft, weil sie sich zu wenig um die Infrastruktur kümmere. Die Beliebtheit dürfe kein Maßstab sein, sagte er mit Blick auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Rülke sei der richtige Spitzenkandidat, präsentiert ihn denn auch FDP-Landeschef Michael Theurer – wie schon am Vortag beim Landesparteitag der Südwest-FDP. Zum Ärger der Jungen Liberalen. Künftig sollten doch die Mitgliedern diesen bestimmen – und nicht wie in alten Zeiten vorab schon von die Parteispitze.